Kommentar Generalbundesanwältin: Die eiserne Lady

Monika Harms galt als stramme Konservative. Und zu Beginn ihrer Amtszeit kam es wirklich schlimm. Später zeigte sie sich geläutert – auch wenn sie das nie zugeben würde.

Monika Harms war die erste Frau an der Spitze der Bundesanwaltschaft. Große Hoffnung auf eine kriminalpolitische Liberalisierung waren damit aber nicht verbunden, denn CDU-Mitglied Harms galt als stramme Konservative. Zumindest zu Beginn ihrer rund sechsjährigen Amtszeit kam es auch wirklich schlimm. Kein Generalbundesanwalt vor ihr ist binnen eines Jahres so oft in zentralen Fragen vom Bundesgerichtshof (BGH) beanstandet worden wie sie. Jetzt geht Harms in den Ruhestand.

Die Onlinedurchsuchung von Computern ließ sie zunächst ohne gesetzliche Grundlage durchführen. Sie behauptete, das Anbringen von Spähsoftware in Rechnern sei etwas Ähnliches wie eine Hausdurchsuchung. Der Bundesgerichtshof fand das zu Recht abwegig. Vermutlich hat Harms das sogar einkalkuliert, um die Politik zu einer ausdrücklichen Erlaubnis zu motivieren. Innenminister Schäuble machte sich das Projekt Onlinedurchsuchung dann auch zu eigen und setzte es als Symbol des starken Staates gegen alle Widerstände durch. Praktische Bedeutung hat es bis heute keine.

Als es im Vorfeld des G-8-Gipfels von Heiligendamm zu einer Serie von Brandanschlägen kam, jagte die Bundesanwaltschaft eine terroristische Vereinigung, die angeblich hinter allem stecke. Auch das war abwegig. Nicht nur der Bundesgerichtshof, auch der Verfassungsschutz konnte keine zentrale Steuerung der Zündeleien erkennen.

Wahrscheinlich wollte Harms nur verhindern, dass sie die Strafverfolgung an örtliche Staatsanwaltschaften abgeben muss. Dass der Sicherheitsapparat aus eigennützigen Interessen eine terroristische Gruppe erfindet, kannte man bisher vor allem aus Diktaturen. Es hat das Vertrauen in die Lauterkeit der Behörde Bundesanwaltschaft nachhaltig erschüttert.

In der zweiten Hälfte von Monika Harms Amtszeit zeigte sie sich geläutert - auch wenn sie das nie zugeben würde. So beharrt die Bundesanwaltschaft seit Jahren standhaft und zu Recht darauf, dass die Polizei bei der Strafverfolgung derzeit keine Trojaner zum Abhören von Internettelefonaten verwenden darf. Auch hierfür wäre bei Bedarf ein neues Gesetz erforderlich.

Solche Konflikte machen deutlich, warum es wichtig ist, dass an der Spitze der obersten Anklagebehörde Deutschlands eine Persönlichkeit platziert wird, die grundrechtssensibel ist. Es genügt nicht zu hoffen, dass der BGH am Ende den Ausputzer spielt.

Zum Abschied sind aber auch einige ihrer bisher eher unbekannten Verdienste zu erwähnen. So hat die Generalbundesanwältin ein schlagkräftiges Referat für Völkerstraftaten eingerichtet. Dessen erste Anklage - gegen mutmaßliche Kriegsverbrecher aus Ruanda - läuft derzeit in Stuttgart. Außerdem hat Monika Harms erstmals an der Bundesanwaltschaft aktiv Frauenförderung betrieben.

Die Zahl der Staatsanwältinnen hat sich in ihrer Amtszeit fast verdoppelt. Hier erwies sich die eiserne Lady Monika Harms also doch noch als echte Modernisiererin.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.