Urteil wegen Verstoß gegen das Parteiengesetz: 1,27 Millionen Euro Strafe für NPD
Für einen fehlerhaften Rechenschaftsbericht müssen die Rechten 1,27 Millionen Euro an den Bundestag zahlen - halb so viel wie ursprünglich gefordert. Parteichef Voigt dementiert einen fianziellen Kollaps.
BERLIN ap | Die NPD muss wegen eines fehlerhaften Rechenschaftsberichts rund 1,27 Millionen Euro Strafe zahlen und damit nur halb so viel wie ursprünglich vom Bundestag gefordert. Das Berliner Verwaltungsgericht bestätigte am Freitag zwar Verstöße der rechtsextremistischen Partei gegen das Parteiengesetz, korrigierte aber den von der Bundestagsverwaltung festgesetzten Betrag. Es erachtete nur 635.677,90 Euro aus dem Rechenschaftsbericht 2007 als falsch ausgewiesen. Laut Parteiengesetz muss die NPD den doppelten Betrag als Strafe zahlen.
NPD-Chef Udo Voigt zeigte sich mit dem Urteil zufrieden. "Die Diskussion um eine Insolvenz der NPD wird damit beendet sein", sagte er. "Es wurde ein Dämpfer für den Bundestag erteilt."
Der Strafbescheid des Bundestag vom März hatte die Diskussion über einen finanziellen Kollaps der verschuldeten Partei angeheizt. Trotz des Teilerfolgs will die NPD das Urteil möglicherweise anfechten. Voigt sagte, er werde dem Vorstand in der nächsten Woche empfehlen, Rechtsmittel einzulegen. Er gehe davon aus, dass es vor Ende des Jahres kein rechtskräftiges Urteil geben werde.
Voigt hatte bereits vor dem Prozess finanzielle Schwierigkeiten seiner Partei eingeräumt. Wegen Geldmangels seien die Gehälter der Vorstände gekürzt und die Hälfte der Mitarbeiter entlassen worden. Die Existenz der Partei sei aber nicht gefährdet.
In der Urteilsbegründung hieß es, die NPD habe es insbesondere unterlassen, die für das Jahr 2007 festgesetzten staatlichen Mittel in voller Höhe auszuweisen. Die Partei habe auf der Einnahmenseite bei der Position "Staatliche Mittel" unzulässigerweise nur den Betrag angegeben, der sich nach Abzug einer von ihr geleisteten Rückzahlung an den Bundestag ergeben hatte. Dadurch werde das Ausmaß der tatsächlichen Parteienfinanzierung nicht hinreichend deutlich, hieß es.
Allerdings könne dieser Verstoß entgegen der Rechtsauffassung des Bundestages nur einmal sanktioniert werden, auch wenn er sich auf der Ausgabenseite nochmals auswirke. Deswegen halbierten die Richter die Strafe.
Der Prozessvertreter der Rechtsextremisten sagte, die Ungereimtheiten im Rechenschaftsbericht seien der "großen Hektik und dem Zeitdruck" geschuldet. In den entscheidenden Wochen vor Fristablauf Ende 2008 habe der regulär zuständige Schatzmeister Erwin Kemna in Untersuchungshaft gesessen; zudem seien notwendige Unterlagen teilweise von der Polizei beschlagnahmt gewesen.
Die NPD steht seit Jahren unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Nach dessen Erkenntnissen hatte sie 2007 etwa 7.200 Mitglieder. Seit 2006 sitzt sie im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und seit 2004 im sächsischen Landesparlament.
Anfang des Monats hatte die SPD den Streit über ein NPD-Verbot neu entfacht: Die fünf sozialdemokratischen Landesinnenminister legten eine 92-seitige Sammlung von Zitaten aus NPD-Publikationen vor, die die Verfassungsfeindlichkeit belegen soll. Die Dokumentation soll die Forderung nach einem neuen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht untermauern.
NPD-Chef Voigt war zudem Ende April vom Berliner Kammergericht wegen Volksverhetzung und rassistischer Beleidigung des Fußballprofis Patrick Owomoyela zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen