Urteil in Thailand: Putsch-Premier suspendiert
Thailands Verfassungsgericht prüft, ob Ministerpräsident Prayut die Maximaldauer seines Amts überschritten hat. Die hatte das Militär selbst diktiert.
Die Opposition feierte die Entscheidung als Etappensieg einer in Thailand selten zu erlebenden Rechtsstaatlichkeit. Und sie entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Die rechtliche Grundlage für den Antrag hatte Prayut selbst geschaffen.
Im Mai 2014 putsche sich der damalige Armeechef General Prayut an die Macht und setzte sich selbst an die Spitze der Militärjunta, genannt „Nationaler Rat zur Erhaltung des Friedens“. Zunächst übergangsmäßig und dann durch das Votum der vom Militär eingesetzten „Nationalen gesetzgebenden Versammlung“, im Juni 2014 wurde Prayut auch Ministerpräsident des Landes.
In der 2017 vom Militär diktierten neuen thailändischen Verfassung heißt es, dass ein Ministerpräsident nicht länger als acht Jahre im Amt bleiben darf. Dieses Verfallsdatum sieht die Opposition für Prayut nun als erreicht an.
Mehrheit durch Manipulation
Nach Ansicht von Prayut ist die Grenze von acht Jahren aber noch lange nicht erreicht. In der Verfassungslesart des 68-Jährigen ist er allerhöchstens seit der 2017 in Kraft getretenen Verfassung oder eher noch seit der umstrittenen Parlamentswahl von 2019 Ministerpräsident.
Die Wahl hatten damals eigentlich die demokratischen Parteien gewonnen. Durch die nachträgliche Änderung des Auszählungsverfahrens gelang es Prayut, die eigentlich militärkritische Demokratische Partei in die Pro-Regime-Allianz zu pressen, außerdem zogen elf Kleinstparteien mit je einem Sitz ins Parlament ein. Damit sicherte er sich die Mehrheit.
Prayut war in dieser Woche nicht der einzige südostasiatische Machthaber, der vom Rechtssystem in die Schranken gewiesen wurde: Am Dienstag bestätigte das höchste Gericht Malaysias die Verurteilung von Ex-Premierminister Najib Razak wegen Geldwäsche, Korruption und Machtmissbrauch zu zwölf Jahren Gefängnis. Während Anhänger des noch immer populären Najib bei der Urteilsverkündung in Tränen ausbrachen, freuten sich die demokratisch gesinnten Bürger über den Sieg der Rechtsstaatlichkeit.
Mit Blick auf die Wahl von Ferdinand Marcos, Sohn des gleichnamigen ehemaligen Diktators, zum neuen Präsidenten der Philippinen, twitterte der Malaysier Pang Khee Teik: „Wir müssen aus der Lektion der Philippinen lernen. Wir müssen dafür sorgen, dass Najibs Kinder nicht eines Tages ein Comeback machen, Wahlen gewinnen, Geschichte umschreiben und das Image des Vaters als missverstandenen Helden rehabilitieren. Diese Dynastie endet jetzt. Alle Dynastien enden bitte.“
Zehntausende forderten bereits 2020 Rücktritt
Von den Philippinen über Indonesien bis nach Singapur und Malaysia bestimmen Familiendynastien seit Jahrzehnten die Politik Südostasiens. Ein weiterer, jüngster Fall ist Kambodscha: Der seit über 30 Jahren dort autokratisch herrschende Premierminister Hun Sen hat gerade seinen Sohn Hun Manet zum potenziellen Nachfolger gekürt.
In Thailand wird wohl der als Strippenzieher und Vertrauter Prayuts bekannte stellvertretende Ministerpräsident Prawit Wongsuwan das Amt des Regierungschefs kommissarisch übernehmen.
Folgt das Gericht der Argumentation von Prayut, könnte der aber bis 2025 – oder im Falle eines Siegs bei der im März 2023 anstehenden Parlamentswahl sogar bis 2027 – im Amt bleiben.
Bereits 2020 forderten Zehntausende Thais bei Demonstrationen den Rücktritt Prayuts. Wegen der Coronapandemie gab es in den vergangenen zwei Jahren jedoch kaum große öffentliche Proteste. Die Stimmung im Land hat sich aber weiter verschlechtert. Prayut wird für die schlechteste Wirtschaftslage Thailands der letzten 30 Jahre verantwortlich gemacht.
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