Urteil im Flatrate-Bordell-Prozess: Pro Freier zwischen 3,75 und 5 Euro
Die Hintermänner von Flatrate-Bordellen müssen mehrere Jahre in Haft. Das Stuttgarter Landgericht verurteilte die Männer wegen Menschenhandels und Zuhälterei.
STUTTGART dapd | Wegen schweren Menschenhandels und Zuhälterei sind die beiden Hintermänner sogenannter Flatrate-Bordelle zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Ein Angeklagter muss acht Jahre und sechs Monate in Haft, der andere fünf Jahre und drei Monate, urteilte das Stuttgarter Landgericht am Donnerstag.
Die beiden Männer hatten „möglichst junge Frauen“ aus Rumänien nach Deutschland gebracht, um sie in Bordellen arbeiten zu lassen. Das Gericht sprach von einem „übermäßigen Profitstreben“ der Verurteilten auf "Kosten der Gesundheit und Würde der Prostituierten".
Die beiden Angeklagten wurden zudem wegen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 2,8 Millionen Euro schuldig gesprochen. Nach Überzeugung des Gerichts begannen die Männer mit dem Menschenhandel im Jahr 2004.
In Rumänien hatten der 38-Jährige und sein drei Jahre jüngerer Komplize nach Frauen aus ärmlichen Verhältnissen gesucht und sie teilweise unter falschen Versprechungen in die Bundesrepublik gelockt, sagte der Vorsitzende Richter Claus Belling. Die Rumäninnen hätten nicht die versprochenen Jobs als Kellnerinnen oder Tänzerinnen erhalten, sondern seien zur Arbeit in Bordellen überredet worden. Zwei der Frauen waren laut Gericht erst 16 Jahre alt.
„Pussy Club“ in Fellbach
Die Prostituierten arbeiteten überwiegend in den Flatrate-Bordellen, darunter im „Pussy Club“ in Fellbach bei Stuttgart sowie in Häusern in Berlin und anderen Städten. Freier konnten bei einem Besuch der Clubs je nach Tageszeit einen festen Preis zahlen und dann beliebig oft die Dienste aller Prostituierten in Anspruch nehmen.
Die Frauen mussten laut Belling an sechs Tagen pro Woche und täglich bis zu 14 Stunden ihre Dienste anbieten. Teilweise hatten sie bis zu 60 Freier am Tag. Pro sexuellen Kontakt hätten die Prostituierten im Schnitt zwischen 3,75 Euro und 5,00 verdient. „Der Betrag liegt weit unter dem, was Prostituierte üblicherweise als Entgelt erhalten“, sagte Belling. Hätten sie Freier abgelehnt oder bestimmte sexuelle Wünsche nicht erfüllt, hätten sie weniger Geld bekommen. Für ihre Zuhälter mussten die Frauen wöchentlich 1.000 Euro erwirtschaften.
Die beiden Männer waren dem Gericht zufolge die Köpfe der Menschenhändler- und Zuhälterbande. „Beide leiteten und lenkten die Bordelle im Hintergrund“, betonte Belling. Sie hätten auch dafür gesorgt, dass die Prostituierten durch Aufpasser in „erheblichem Umfang“ kontrolliert worden seien. Zudem hätten sie mit List die Hilflosigkeit der Frauen ausgenutzt, die meist kein Deutsch sprachen. Zwar hätten die Männer in Einzelfällen „erheblichen Druck“ auf die Frauen ausgeübt, „aber sie haben letztlich keine Gewalt gegen die Frauen angewandt“, sagte der Richter.
Die Staatsanwaltschaft will eigenen Angaben zufolge nicht in Revision gehen. "Wir halten das Urteil für angemessen", sagte eine Sprecherin der Anklagebehörde auf dapd-Anfrage. Die Staatsanwaltschaft hatte etwas höhere Haftstrafen gefordert.
Seit Beginn des Prozesses vor rund einem Jahr wurden bereits sieben weitere Angeklagte zu Haftstrafen verurteilt. In einem ersten Prozess waren im Sommer 2010 die Betreiber der „Pussy-Clubs“ wegen Vorenthaltens von Entgelt schuldig gesprochen worden. Nach einer bundesweiten Razzia wurden einige Bordelle geschlossen, aber kurze Zeit später von neuen Betreibern wiedereröffnet.
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