Urteil gegen Umweltschützer: Hindernis in fünf Metern Höhe
Robin-Wood-Aktivist wegen Demo vor Atomtransport im Hamburger Hafen wegen Nötigung verurteilt. Hafen bleibt Drehscheibe des Uranhandels.
Trotz des angeblichen Atomausstiegs finden im Hamburger Hafen weiterhin Woche für Woche Atomtransporte statt. Beliefert werden Uranverarbeitungsanlagen in Deutschland, die über eine unbefristete Betriebsgenehmigung verfügen und Atomkraftwerke in der ganzen Welt mit Brennstoff versorgen. Der Firma C. Steinweg kommt dabei eine zentrale Rolle als Drehscheibe des Handels mit der radioaktiven Fracht zu. „Allein Steinweg hat von August 2013 bis August 2014 fast 5.000 Tonnen Uranerzkonzentrat in Steinwerder umgeschlagen“, sagt Robin-Wood-Energiereferent Tobias Darge. Das entspreche fast zehn Prozent der weltweiten Uranförderung.
Daher war es nicht die erste Aktion, als die Atomgegner mit Transparenten am 10. November vorigen Jahres auf den Gleisen den Uranzug stoppten. Obwohl zwei Robin-Wood-Aktivisten ihr Seil in fünf Meter Höhe über die Bahnanlage gespannt hatten, die Rangierlok und die Container also unter den beiden Demonstranten hätten durchfahren können, setzte der Zug mit Uranerzkonzentrat erst nach sieben Stunden seine Fahrt fort – nachdem die Robin-Wood-Kletterer durch die Polizei von den Seilen geholt worden waren.
Deshalb sah der Amtsrichter den Tatbestand der Nötigung als erfüllt an. Er räumte zwar ein, dass das Seil tatsächlich in fünf Metern Höhe angebracht worden sei, also von einer richtigen Blockade nicht gesprochen werden konnte und deshalb eigentlich nicht der Straftatbestand einer Nötigung erfüllt sei, dennoch habe die Seilaktion irgendwo ein „Hindernis“ dargestellt, was eine Verurteilung rechtfertige. Tim B. wird Berufung beim Landgericht Hamburg einlegen. Denn das Landgericht Braunschweig hat gerade eine Menschenblockade im Zusammenhang mit einem rassistischen „Bragida“-Marsch in Braunschweig als straffrei eingestuft, sofern eine Blockade umgegangen werden kann.
Bereits Ende der Woche verhandelt erneut das Amtsgericht Harburg über einen Atomgegner, dem Hausfriedensbruch vorgeworfen wird. Er hatte zusammen mit anderen im August 2014 unangekündigt den Süd-West-Terminal der Firma C. Steinweg „inspiziert“ und dabei Container mit abgelaufenen Zertifizierungen entdeckt, die nach Aussage des Hamburger Senats gar nicht mehr in Hamburg hätten sein dürfen.
Die vier Boxen, gefüllt mit Uranerzkonzentrat aus Kasachstan, waren im Juli beim Löschen des russischen Atomfrachters „Sheksna“ beschlagnahmt worden, weil die Sicherheitssiegel – die sogenannten CSC Plaketten – abgelaufen waren. Die Container durften dann aber doch Richtung Frankreich transportiert werden. Auf Anweisung eines Steinweg-Disponenten blieben sie aber noch vier Wochen in einer dafür angeblich genehmigten Halle liegen.
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