Urteil gegen Guatemalas Ex-Polizeichef: Lebenslang für mehrfachen Mord
Einen Mann erschoss er selbst: Wegen der Ermordung sieben Gefangener beim Sturm auf ein Gefängnis wird der Ex-Polizeichef Guatemalas verurteilt.
GENF taz | Der ehemalige Chef der Nationalen Zivilpolizei (PNC) von Guatemala, Erwin Sperisen ist von einem Genfer Gericht zu lebenslänglicher Haftstrafe verurteilt worden. Nach Überzeugung des Gerichts ordnete Sperisen bei der Erstürmung des Gefängnisses Pavon am 25. September 2006 durch 3.000 von ihm kommandierte schwerbewaffnete Polizisten und Soldaten die Exekution von sieben Häftlingen an, von denen er einen eigenhändig erschoss.
Der Prozess fand in Genf statt, weil der schweizerisch-guatemaltekische Doppelstaatsbürger 2007 nach der Ermordung dreier salvadorianischer Parlamentarier durch Mitglieder der PNC in die Rhonestadt geflohen war. Dort saß er seit August 2012 inUntersuchungshaft.
Mit der Erstürmung wollte die Regierung Guatemalas die Kontrolle über das Gefängnis zurückgewinnen, aus dem heraus damals der in-und ausländische Drogenhandel gesteuert, Entführungen organisiert und Morde in Auftrag gegeben wurden.
Dass Sperisen am Tatort war, ist durch zahlreiche Videos und Fotos belegt und wurde von ihm vor Gericht auch nicht bestritten. Doch habe er nicht das Kommando geführt, keine Exekutionen befohlen und auch keinen Häftling erschossen.
Für diesen eigenhändigen Mord trat als wichtigster Augenzeuge vor Gericht ein französischer Geheimdienstagenten auf, der damals im Gefängnis Pavone inhaftiert war. Der Mutter des von Sperisen erscossenen Häftlings sprach das Gericht eine Entschäsdigung zu.
Freigesprochen wurde Sperisen von der Anklage, er habe im Oktober 2005 die Erschießung dreier Häftlinge angeordnet, die aus dem Gefängnis „El Infiernito“ ausgebrochen waren.
„Mit diesem Urteil wurde ein wichtiges Zeichen gegen die Straflosigkeit gesetzt“ erklärte die Generalsekretärin der Schweizer „Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter“ (ACAT), Bettina Ryser gegenüber der taz. ACAT hatte gemeinsam mit der „Internationalen Kommission gegen Straflosigkeit in Guatemala“ (CICIG) die Beweise gesammelt, auf die der Genfer Staatsanwalt Yves Bertossa seine Anklage gegen Sperisen gründete.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Münchner Sicherheitskonferenz
Selenskyjs letzter Strohhalm