Urteil des Obersten Gerichts in Mexiko: Abtreibungsverbot ist rechtswidrig

Mexikos Oberstes Gericht erklärt es für verfassungswidrig, Abtreibung unter Strafe zu stellen. Entsprechende Paragrafen müssen gestrichen werden.

Frauen mit pinkfarbenen Sturmmützen maskiert gehen auf einer Strasse

Ihr Kampf hat sich gelohnt: Frauendemonstration für das Recht auf Abtreibung in Mexiko-Stadt, 2022 Foto: Paola Garcia/reuters

OAXACA taz | Der Oberste Gerichtshof Mexikos (SCJN) ließ keine Zweifel offen: Gesetze, die den Schwangerschaftsabbruch kriminalisieren, widersprechen der Menschenwürde, dem reproduktiven Selbstbestimmungsrecht sowie dem Recht auf freie Entwicklung der Persönlichkeit, Gesundheit, Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung. Folglich seien die strafrechtlichen Vorgaben verfassungswidrig, entschieden die höchsten Richter am Mittwoch und wiesen das Parlament an, diese aus dem Gesetzbuch zu streichen.

Damit legen die Juristen die Grundlagen dafür, dass Abtreibungen „für Frauen und gebärfähige Personen“ künftig im ganzen Land straflos bleiben müssen. Alle öffentlichen Gesundheitseinrichtungen müssen die Eingriffe künftig kostenfrei anbieten. Ärzte und weiteres medizinisches Personal dürfen nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden. Zahlreiche feministische Organisationen sprachen von einem historischen Sieg. Mexiko folgt damit anderen lateinamerikanischen Ländern wie Argentinien, Kolumbien und Uruguay, die Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert haben.

Bislang sind Abtreibungen in Mexiko nur in 12 der 32 Bundesstaaten legal, in den anderen dürfen sie lediglich in besonders schweren Fällen wie nach Vergewaltigungen oder bei Lebens­gefahr vorgenommen werden.

Im liberalen Mexiko-Stadt können Frauen seit 2007 bis zur zwölften Schwangerschaftswoche abtreiben, aber auch in konservativen Regionen wie etwa dem Bundesstaat Oaxaca konnten feministische Bewegungen die Legalisierung durchsetzen. Nun müssen die Gesetzgeber der anderen Regionen nachziehen.

Erfolg einer starken feministischen Bewegung

„Wir vertrauen darauf, dass diese Einheiten des Landes, deren gesetzliche Grundlagen das reproduktive Selbstbestimmungsrecht weiterhin blockieren, das Urteil ernst nehmen“, reagierten die Frauen der Organisation Gire auf das Urteil. Die Feministinnen hatten die Klage beim SCJN eingereicht.

Bereits vor zwei Jahren hatten die obersten Richter entschieden, dass keine Frau aufgrund einer Abtreibung strafrechtlich verurteilt werden dürfe, und damit Gesetzesänderungen im Bundesstaat Coahuila erzwungen. Damit war bereits der erste entscheidende Schritt getan.

Die Fortschritte sind vor allem der starken feministischen Bewegung zu verdanken. Seit vielen Jahren kämpfen Frauenorganisationen in dem katholisch geprägten Land gegen das Abtreibungsverbot. Doch selbst dort, wo Abtreibungen mittlerweile erlaubt sind, werden betroffenen Frauen Steine in den Weg gelegt. „Viele Ärztinnen und Ärzte in den Hospitälern lehnen es aus moralischen oder religiösen Gründen einfach ab, eine Abtreibung vorzunehmen“, klagt eine Feministin aus Oaxaca. Häufig müssten Frauen ihre Dörfer verlassen, um Diskriminierungen zu entgehen.

Doch die Entscheidung des SCJN helfe, den Betroffenen Mut zu machen, sagten Repräsentantinnen der Organisation Fondo María nach dem Urteil: „Die Gesetze stärken euch den Rücken, habt keine Angst.“

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