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Urteil des Landgerichts OldenburgTier­schüt­ze­r:in­nen sollen Schadenersatz zahlen

Zwei Ak­ti­vis­t:in­nen dringen in einen Schlachthof ein, um die umstrittene CO₂-Betäubung von Schweinen zu filmen. Der Einbruch wird teuer für sie.

Vor der Schlachtung werden Schweinen mit hochkonzentriertem CO₂ betäubt. Das versetzt sie in Panik, zeigen heimliche Videos Foto: dpa

Oldenburg dpa | Nach einem Einbruch in einen Schlachthof müssen zwei Ak­ti­vis­t:in­nen Schadenersatz zahlen. Weil sie das umzäunte Gelände ohne Erlaubnis betreten hatten, müssten sie für den Schaden aufkommen, urteilte das Landgericht Oldenburg. Den Tier­schüt­ze­r:in­nen war es darum gegangen, die in dem Betrieb genutzten Schlachtmethoden zu dokumentieren und damit eine öffentliche Debatte anzuregen.

Eine der Ak­ti­vis­t:in­nen muss darüber hinaus auch Entschädigung zahlen, weil sie die dort erstellten Aufnahmen von der Betäubung von Schweinen veröffentlicht hat – dem anderen konnte die Beteiligung daran nicht nachgewiesen werden.

Der Kläger hatte seine Klage damit begründet, dass es nicht in der Hand von Ak­ti­vis­t:in­nen liegen dürfe, Gesetze zu brechen, auch nicht für investigative Zwecke. Einen Vergleich hatten die Beklagten abgelehnt. Ihre Unterstützer bestärkten sie darin: Schon zum Prozessauftakt und jetzt auch zum Abschluss versammelten sich Tierschutzgruppen vor dem Gericht und dem Schlachthof, um ihre Solidarität zu bekunden.

Die Ak­ti­vis­t:in­nen waren im Frühjahr 2024 in den Betrieb in Lohne (Landkreis Vechta) eingedrungen. Dort installierten sie Kameras, um die Betäubung von Schweinen mit hochkonzentriertem CO₂ zu filmen. Auf den Videos ist zu sehen, wie Schweine in eine Gondel getrieben und damit in einen Schacht gefahren werden, um dort mit dem hochkonzentrierten Gas betäubt zu werden. Dies ist eine gängige Schlachtmethode. Tierschutzgruppen kritisieren sie als quälerisch: Die Schweine in den Videos reagieren mit Panik, Schreien und Fluchtversuchen.

Höhe des Schadenersatzes noch unklar

Nach Überzeugung des Gerichts ist eine Aktivistin dafür verantwortlich, dass die Organisation Animal Rights Watch das Material veröffentlicht hat. Ihrem Kollegen konnte die Verbreitung der Aufnahmen nicht nachgewiesen werden. Beide müssen die Anwaltskosten tragen.

Der Betreiber des Schlachthofs und die beiden Aktivisten haben nun einen Monat Zeit, um das Urteil anzufechten. Sollte es rechtskräftig werden, muss in einem weiteren Verfahren die Höhe des Schadenersatzes festgelegt werden. Der Betreiber des Schlachthofs fordert Geld in Höhe von rund 98.000 Euro.

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6 Kommentare

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  • Sind diese Videos nicht auch geeignet um dem Schlachthofbetreiber Tierquälerei nachzuweisen - egal ob diese Methode erlaubt ist oder nicht, die konkrete Anwendung in diesem Betrieb kann doch so nicht erlaubt sein.

  • Diese Methode ist legal.



    Wie viele weitere schier unglaubliche Dinge in Schlachtbetrieben.



    Schlachten ist ein blutiges Handwerk und nichts für zarte Seelen.

    Aber den Tieren vermeidbares Leid zu ersparen ist Aufgabe des Gesetzgebers - und der scheint mir da nicht immer auf Zack zu sein.

    Etwas entäuscht bin ich von der Verwendung des Begriffs "hochkonzentriert". Das halte ich gelinde gesagt für polemisch denn der korrekte Begriff ist "konzentriert" oder (und das wird hier manchem nicht passen) "reines Kohlenstoffdioxid"

    Es ist richtig, dass ein Streit unter den Fachleuten besteht ob nicht die Betäubung mit Stickstoff (nomen es omen) tierfreundlicher wäre. Die Betäubung durch CO2 gilt im Übrigen mit breitem Consens als schonende Methode.

  • Dass Schadensersatz fällig wird, wenn ein mutwillig Schaden herbeigeführt wird, sollte nicht überraschen.

  • Wie soll man denn sonst bitteschön den Nachweis führen, dass Massentier-Haltung und Massentier-Tötung Tierleid verursacht? Die Halter und Schlachter werden wohl nicht freiwillig die Türen öffnen. AmtstierärztInnen Kontrollen sind viel zu selten und zudem entscheiden diese auf der untersten Ebene nicht, welche Schlachtsysteme verwendet werden.



    Die Urteilsbegründung und eine juristische Einschätzung dazu würde mich interessieren.



    Bitte legt einen Soli-Fonds auf!

  • Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband für die Aktivist:innen.

    Was ich den Betreibern des Schlachthofs des Schlachthofs wünsche, beschreibe ich hier besser nicht.

    Nun, ihr unendlich mieses Karma wird sie eh erwischen. Christen würden es als Hölle bezeichnen. Die Phantasie der Betreiber reicht nicht um sich diese vorzustellen, sonst würden sie diese fürchterlichen Tierquälereien nicht veranstalten.

    Good luck.

  • Ich finde das Vorgehen der Aktivisten völlig richtig. Nur leider befinden wir uns als Gesellschaft im Tiefschlaf und möchten nicht von Tatsachen gestört werden.