piwik no script img

Urteil des BundesverfassungsgerichtsGesetz gegen Scheinväter gekippt

Behörden durften Vaterschaftsanerkennungen anfechten, um Tricks beim Aufenthaltsrecht zu verhindern. Aber das Gesetz war nicht präzise genug.

Das Karlsruher Urteil stärkt das Elternrecht. Bild: dpa

BERLIN taz | Das 2008 beschlossene Gesetz gegen Scheinväter ist verfassungswidrig. Das entschied am Donnerstag das Bundesverfassungsgericht. Das Gesetz zielte auf deutsche Männer, die das Kind einer ausländischen Mutter anerkennen, um dieser den Aufenthalt in Deutschland zu sichern. Das Kind bekommt so die deutsche Staatsbürgerschaft, die Mutter ein Aufenthaltsrecht, um das Kind betreuen zu können.

Die Lösung des Gesetzes: Die Behörden sollten in Verdachtsfällen die Vaterschaft anfechten können. Als Verdachtsfall gilt es, wenn der Mann nicht mit der Frau verheiratet ist und auch nie länger mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat (§ 1600 BGB). In den letzten Jahren gab es über tausend solcher Anfechtungsverfahren.

Im konkreten Fall hatte ein Deutscher das Kind einer Vietnamesin anerkannt, die in Deutschland nur geduldet war. Ein Gentest ergab, dass der Mann nicht der biologische Vater war. Das Kind hätte so die eben erhaltene deutsche Staatsbürgerschaft wieder verloren. Das zuständige Amtsgericht Hamburg-Altona legte im Jahr 2010 aber das Gesetz beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zur Prüfung vor.

Die Richter erklärten die Regelung nun für verfassungswidrig, da sie unverhältnismäßig in das Recht auf Bewahrung der Staatsbürgerschaft und das Elternrecht eingreife. Es könne für einen Mann schließlich viele, auch legitime Gründe geben, die Vaterschaft für ein Kind anzuerkennen, das er nicht selbst gezeugt hat.

Zwar dürfe der Bundestag eine Regelung gegen den Missbrauch von Vaterschaftsanerkennungen einführen. Die Anfechtung müsse sich dann aber auf Fälle beschränken, in denen es eindeutig nur um die Verschaffung eines Aufenthaltsrechts für die Mutter geht. Als Kriterium könnte zum Beispiel gelten, dass die Eltern diesen Zweck gestehen oder dass eine Bezahlung für den Mann nachweisbar ist oder dass ein Mann mehrere Kinder von unterschiedlichen ausländischen Frauen anerkannt hat.

Es liegt nun am Bundestag, ob er eine Neuregelung versucht oder das Problem als doch nicht so dringend ansieht.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • L
    Lowandorder

    Chapeau dem hamburger Amtsrichter;

    ist doch so eine Vorlage via Karlsruhe

    - anders als zum EuGH - gar nicht so leicht

    wasserdicht zu schreiben.

     

    Und - das Ergebnis ein schönes Beispiel

    dafür, wie benagelt-zwanghaft Politik,

    wie gelassen laid-back Rechtsprechung,

    orientiert an den Grundsätzen der Verfassung

    sein kann.

     

    Politiker sind eben keine Juristen,

    selbst wenn sie zwei Staatsexamina haben;

    und das trifft ersichtlich nicht nur für

    Steinmeier el Kurnaz und

    kleinFriedrich zu.

  • E
    erstaunlich

    Wofür die Behörden und ihre Bürokraten Zeit und Ressourcen haben. Bitte künftig unsere Steuergelder sinnvoller einsetzen!