Urteil Europäischer Gerichtshof: Verbot von Leerverkäufen rechtens
Hochspekulative Finanzwetten auf fallende Aktienkurse bleiben in der EU verboten. Großbritannien hatte geklagt. London sah nationale Belange durch das EU-Recht tangiert.
BRÜSSEL rtr/afp | Das europaweite Verbot bestimmter Leerverkäufe verstößt nicht gegen EU-Recht. Zu diesem Urteil kam der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Mittwoch und wies damit überraschend die Klage Großbritanniens zurück, das die Kompetenzen der EU-Börsenaufsicht ESMA bei der Regelung überschritten sah. Die Befugnisse der ESMA seien bei dem im November 2012 verhängten Verbot von den hochspekulativen Finanzwetten auf fallende Aktienkurse genau eingegrenzt, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Der EU-Rat durfte die Regeln mit einer nur qualifizierten Mehrheit statt einstimmig beschließen. (Az. C-270/12)
In Deutschland gilt seit Juli 2010 ein Verbot ungedeckter Leerverkäufe von Aktien, Staatsanleihen aus EU-Ländern und Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps) auf diese Anleihen.
Bei Leerverkäufen wetten Spekulanten auf fallende Aktienkurse. Sie leihen sich dazu ein Papier für eine bestimmte Zeit und verkaufen es sofort weiter. Nach Ablauf der Frist kaufen sie ein Papier derselben Art zurück und geben es an den Verleiher zurück. Ist der Kurs tatsächlich gefallen, ist die Kursdifferenz abzüglich der Leihgebühr ihr Gewinn.
Großbritannien hatte geklagt, weil es den angewandten EU-Artikel 114 für das EU-weite Verbot als unzureichende Rechtsgrundlage ansah. Die britische Regierung verwahrt sich gegen Einmischungen durch EU-Behörden in nationale Belange und fürchtet Nachteile für den Finanzplatz London. Das Urteil des EuGH war so nicht erwartet worden, nachdem der Generalanwalt vor dem Gericht im September seine Bedenken gegen das geltende Verbot vorgebracht hatte. In vielen Fällen folgt das Gericht der Einschätzung des Generalanwalts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Krieg in der Ukraine
Russland droht mit „schärfsten Reaktionen“
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Diskussion um US-Raketen
Entscheidung mit kleiner Reichweite