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Urananreicherungsanlage in GronauAtommüll rollt trotz Corona

Der Atomkonzern Urenco nutzt die Krise für Urantransporte. Demos dagegen sind in NRW eingeschränkt möglich, im Zielland Russland gar nicht.

Protest gegen Atommüll in der Coronakrise: Nur Plakate statt Menschenmassen Foto: Arnuld Stoffel/dpa

Bochum taz | Aus Protest gegen die auch während der Corona-Epidemie weiterlaufenden Atommülltransporte aus Deutschlands einziger Urananreicherungsanlage (UAA) in Gronau rufen Anti-Atom-Initiativen zu Mahnwachen auf. „Ein Sonderzug mit mehreren hundert Tonnen Uranmüll dürfte am Montag rollen“, sagte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen der taz. „Der russische Frachter ‚Mikhail Dudin‘ liegt schon seit Tagen verladebereit im Hafen Amsterdam.“

Dorthin transportiert wird der radioaktive Uranhexafluorid-Müll aus Gronau per Bahn. Unterstützt vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) haben Anti-Atom-Aktivist*innen aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen für Montagmorgen Mahnwachen vor der UAA in Gronau und am Güterbahnhof in Münster angemeldet. Die Stadt Münster habe diese Mahnwachen mit Abstand und Mund-Nasen-Schutz problemlos genehmigt, berichten Atomkraftgegner*innen. Im April hatte die Stadtverwaltung zwei Mal versucht, Proteste gegen Atommülltransporte unter Hinweis auf die Corona-Kontaktsperren zu verbieten – war damit aber vor dem Verwaltungsgericht gescheitert.

Allein in diesem Jahr dürften sechs weitere Uranhexafluorid-Züge durch Nord- und Westdeutschland rollen. Die Gronauer UAA ist als einzige deutsche Atomanlage vom Atomausstieg ausgenommen. Sie beliefert Dutzende Kraftwerke in aller Welt, darunter auch die maroden belgischen Meiler Doel und Tihange.

Gegen dessen unsichere Lagerung in der Atomfabrik Novouralsk haben russische Umweltschützer*innen seit Jahren demonstriert. Jetzt ist das nicht mehr möglich: „Wegen Corona ist das Versammlungsrecht in Russland nicht mehr existent“, sagt Aktivist Eickhoff: „Unternehmen wie RWE und Eon, die Anteile an der UAA-Betreiberfirma Urenco halten, nutzen die Pandemie aus.“ Heftige Kritik kam auch von BBU-Sprecher Udo Buchholz: In Corona-Zeiten müssten Bundes- und Landesregierung die „vollkommen vermeidbare Belastung“ auch der deutschen Notfalldienste durch die potenziell gefährlichen Atommülltransporte stoppen.

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2 Kommentare

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  • Je mehr Krise, desto weniger Atom! Eine manifeste Wirtschaftskrise kann auch die Fähigkeiten der Atomwirtschaft beeinträchtigen. Kriege oder Bürgerkriege sind nicht gut für Brennstäbe in Abklingbecken und Zwischenlagern. Wir sollten unseren Dreck unter die Erde bringen und die Atomschleudern der Welt - Majak, Tschernobyl, Fukushima - nachhaltig und mit internationaler Hilfe sichern, solange wir es noch können.

  • Die Transportdaten dürften zu einer Zeit geplant worden sein, als Corona allenfalls als mexikanisches Bier bekannt war. Insoweit ist das alles kein Grund, die Züge jetzt zu stoppen. Der Vorwurf der Ausnutzung der Pandemie ist gradezu absurd.