Urabstimmung der PD in Italien: Renzi bleibt Parteichef
Der Ex-Ministerpräsident will die Macht im Lande wieder übernehmen. In einer Urwahl wurde er erneut Chef der Demokratischen Partei.
Renzi führt die PD seit Dezember 2013, im Februar 2014 hatte er auch das Amt des Ministerpräsidenten übernommen. Der forsche Florentiner mit christdemokratischen Wurzeln war seinerzeit angetreten, um die alte Garde der Partei zu „verschrotten“.
In seinen knapp drei Jahren an der Spitze von Partei und Regierung gab Renzi sich dann als entschlossener Modernisierer, angetreten mit dem Versprechen, Italien aus der Stagnation und Immobilität herauszuführen. Unter seiner Ägide wurde in Italien endlich die Homo-Ehe eingeführt, doch er schreckte auch vor einer Lockerung des Kündigungsschutzes nicht zurück, die ihm den harten Konflikt mit der Parteilinken und den Gewerkschaften eintrug.
Höchst umstritten im eigenen Lager war sein Doppelprojekt einer Verfassungs- und Wahlrechtsreform, mit der die zweite Kammer des Parlaments, der Senat, weitgehend entmachtet werden und zugleich das Wahlverfahren für das Abgeordnetenhaus modifiziert werden sollte, um der siegreichen Partei dort in jedem Fall eine absolute Mehrheit zu garantieren. Dieses Projekt scheiterte spektakulär im Verfassungsreferendum vom 4. Dezember 2016, als 60 Prozent der Bürger die Reform verwarfen. Wenige Tage später lehnte das Verfassungsgericht auch die Wahlrechtsreform ab.
In den Umfragen liegt aber Grillo vorne
Renzi reagierte mit seinem Rücktritt sowohl als Ministerpräsident als auch als Parteivorsitzender. Sein Plan sieht nun vor, sich in der Urwahl eine neue Legitimation durch die Parteibasis zu verschaffen, um dann in vorgezogenen Parlamentswahlen die Revanche für die Referendumsschlappe zu suchen. Den ersten Schritt hat er jetzt mit seinem klaren Sieg über zwei Herausforderer – den Justizminister Andrea Orlando, der auf etwa 20 Prozent kam, und den Regionalgouverneur Apuliens Michele Emiliano, erreicht.
Weit schwieriger dürfte sich der zweite Schritt gestalten. Unter dem gegenwärtigen Regierungschef Paolo Gentiloni – der als treuer Sachwalter Renzis das Amt übernommen hatte – ist Stillstand in Italiens Politik eingezogen. Zudem ist die große Mehrheit der Italiener angesichts des ausbleibenden Aufschwungs der Wirtschaft pessimistisch gestimmt, während der Regierung haushaltspolitische Spielräume fehlen.
Die PD liegt mittlerweile mit nur noch 25 bis 28 Prozent in den Umfragen hinter Beppe Grillos „Fünf-Sterne“-Protestbewegung, die auf etwa 30 Prozent kommt. Wie Renzi die Stimmung im Land und in der Partei, die prominente Linke verloren hat, drehen will, bleibt sein Geheimnis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Innereuropäische Datenverbindung
Sabotageverdacht bei Kabelbruch in der Ostsee
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört