Untersuchungsausschuss zum Sturm auf Kapitol: 800 Seiten Abschlussbericht
Donald Trump soll wegen Anstiftung zum Aufstand strafrechtlich belangt werden. Zeugin Cassidy Hutchinson erhebt schwere Vorwürfe gegen Trump-Umfeld.
![Cassidy Hutchinson, ehemalige Beraterin des Stabschefs des Weißen Hauses von Trump, Cassidy Hutchinson, ehemalige Beraterin des Stabschefs des Weißen Hauses von Trump,](https://taz.de/picture/5993586/14/31816180-1.jpeg)
Der Ausschuss hatte sich 18 Monate lang mit dem Sturm Tausender Trump-Anhänger auf den Sitz des Kongresses in Washington befasst. Sie hatten versucht, Trumps Ablösung durch den Wahlsieger Joe Biden zu verhindern, ein in der mehr als 200-jährigen Geschichte der US-Demokratie einmaliger Vorgang.
Im Zusammenhang mit der Erstürmung des Kapitols starben fünf Menschen, mehr als 140 Polizisten wurden verletzt. Mitglieder des Ausschusses machen Trump für die Ereignisse verantwortlich. Dieser hält indes bis heute an seiner Darstellung fest, seine Niederlage 2020 gehe auf Wahlbetrug zurück. Belastbare Belege dafür hat er in den vergangenen zwei Jahren nicht präsentiert.
Erste strafrechtliche Verfolgung in der US-Historie
Eine Zusammenfassung des Berichts war bereits Anfang dieser Woche vorgelegt worden. Darin war die Staatsanwaltschaft aufgefordert worden, Trump wegen vier Straftaten anzuklagen, darunter auch Aufruhr. Es war das erste Mal in der US-Geschichte, dass der Kongress eine strafrechtliche Verfolgung gegen einen ehemaligen Präsidenten forderte. Die Staatsanwaltschaft ist allerdings frei in ihrer Entscheidung, ob sie auch tatsächlich entsprechend vorgeht.
Die Entwicklung ist auch deshalb von Belang, weil Trump im November angekündigt hatte, 2024 erneut für das Präsidentenamt kandidieren zu wollen. Er selbst hatte den Ausschuss-Bericht als parteiisch bezeichnet und von einer „Hexenjagd“ gesprochen – einem Begriff, den er seit Jahren bei Anschuldigungen gegen ihn immer wieder verwendet. Zudem hatte er erklärt, der Ausschuss habe es versäumt, den wahren Grund für die Proteste vom 6. Januar 2021 zu untersuchen, „nämlich Wahlbetrug“.
Vorwürfe von Hutchinson gegen Trump-Umfeld
Eine frühere Praktikantin im Weißen Haus, Cassidy Hutchinson, ist nach eigenen Angaben vor ihren explosiven Aussagen vor dem Kongressausschuss zum Sturm auf das US-Kapitol vom Umfeld von Ex-Präsident Donald Trump unter Druck gesetzt worden. Verbündete Trumps hätten versucht, Einfluss auf ihre Kooperation mit dem Gremium des Repräsentantenhauses zu nehmen, sagte Hutchinson im September bei einer geheimen Anhörung vor dem Untersuchungsausschuss, dessen Mitglieder am Donnerstag zwei bisher unbekannte Protokolle aus der Befragung publik machten.
So hätten Vertraute des Ex-Präsidenten ihr Jobs und finanzielle Unterstützung angeboten, sagte Hutchinson aus. Ihr eigener Anwalt Stefan Passantino, der unter Trump im Weißen Haus Rechtsbeistand für Ethikfragen war, habe ihr zudem geraten, bei ihren Aussagen vor dem Ausschuss nicht zu mitteilsam zu sein. „Je weniger Sie erinnern können, desto besser“, habe ihr Passantino gesagt.
Hutchinson hatte im Juni mit einer denkwürdigen Zeugenaussage bei einer öffentlichen Anhörung des Untersuchungsausschusses für Furore gesorgt. Sie berichtete unter anderem von einer Konfrontation zwischen Trump und seinen Personenschützern vom Secret Service am 6. Januar 2021: Nach seiner anstachelnden Ansprache an seine Anhänger bei seiner Kundgebung an der Ellipse hinter dem Weißen Haus sei der damalige Präsident in Rage geraten, weil er zum Regierungssitz zurückgefahren worden sei, und nicht zum Kapitol.
In seiner Wut habe er dann versucht, einem seiner Leibwächter das Lenkrad zu entreißen, um offenbar selbst zum Kongresssitz zu fahren, erklärte Hutchinson. Sie habe auch mitbekommen, wie der damalige Präsident die Agenten anwies, die Metalldetektoren am Zugang zur Kundgebung zu entfernen, obwohl einige seiner Anhänger bewaffnet gewesen seien.
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