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Untersuchungsausschuss zum NaziterrorCSU und Linke ziehen an einem Strang

Am Donnerstag beschließt der Bundestag einen Untersuchungsausschuss zur NSU. Linke und Grüne sehen sich ausgegrenzt.

Der Ausschuss soll untersuchen, warum die Behörden so lange brauchten um auf den NSU zu stoßen. Bild: dapd

BERLIN taz | Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Neonazi-Mordserie steht. Doch bei Grünen und Linken, die ihn am heftigsten eingefordert haben, ist die Freude getrübt. Denn ihr Einfluss in dem Gremium wurde begrenzt.

Am Dienstag haben die Fraktionschefs aller Parteien die Details des Ausschusses festgezurrt, am Donnerstag wird ihn der Bundestag absegnen. Dass sich alle Fraktionen im Bundestag auf dieses Gremium einigen konnten, ist ein absolutes Novum.

Die CSU sieht sich deshalb genötigt zu erklären, warum sie erstmals sogar mit der Linkspartei an einem Strang zieht. Nur bei diesem Thema, "das die gesamte Gesellschaft bewegt", mache man eine Ausnahme, verteidigte sich Stefan Müller, der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, der Nachrichtenagentur AFP.

Dem Untersuchungsausschuss werden voraussichtlich elf Mitglieder angehören - vier Abgeordnete der Union, drei der SPD, zwei der FDP und jeweils einer von Grünen und Linkspartei. Der Grüne Volker Beck warf Union und SPD "parteipolitisches Kalkül" vor. Sie hätten den Untersuchungsausschuss absichtlich so angelegt, dass Linke und Grüne darin kein eigenständiges Beweisantragsrecht hätten.

Die Linke will am Donnerstag beantragen, den Ausschuss auf acht Mitglieder zu verkleinern. Auch die Grünen wollen noch einen Änderungsantrag einbringen: Sie wollen ihn auf 15 Mitglieder erweitern. In beiden Fällen hätten Linke und Grüne zusammen genug Stimmen, um einen eigenen Beweisantrag zu beschließen und etwa Zeugen vorzuladen - zum Beispiel den früheren Innenminister Otto Schily. Der hatte nach dem Kölner Nagelbombenanschlag im Juni 2004 vorschnell einen rechtsextremen Hintergrund ausgeschlossen.

"Sinnvolle Kooperation"

Seit Wochen war um den Ausschuss gerungen worden; CDU und SPD hegten lange Vorbehalte. Letztlich aber wollte sich niemand vorhalten lassen, der Aufklärung im Wege zu stehen. Der Ausschuss soll nun klären, warum es Verfassungsschutz und Polizei nicht gelang, die Terrorzelle aus Zwickau rechtzeitig zu stoppen. Mit den Morden wird sich auch eine Bund-Länder-Kommission befassen, die Innenminister Hans-Peter Friedrich berufen will. Mit dieser strebt der Ausschuss eine "sinnvolle Kooperation" an, heißt es dazu im Antrag.

Schon im Sommer 2013 soll der Ausschuss seinen Abschlussbericht vorlegen, dann endet die Wahlperiode. "Das wird ein sehr enger Zeitplan. Aber das ist leistbar", sagte der SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy dem TV-Sender Phoenix. Edathy wird den Untersuchungsausschuss leiten.

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6 Kommentare

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  • AW
    Apache Websaeufer

    @Vorfeudiger

    Da gibts also immer noch Dummköpfe die auf dieses Propagandamachwerk reinfallen. Witzigerweise aber nur die, die den Sozialismus (es gab noch nie auf der Welt Kommunismus) nicht selbst erlebt haben.

  • UM
    Ulli Müller

    Wen wunderts, dass die einzigen, die kein Dreck am Stecken haben, ausgegrenzt werden.

    Es kann kaum im Interesse der Parteien von Schwarzbraungelb oder SPD liegen, dass hier Versäumnisse aufgedeckt werden, denn wer hat diese denn begangen?

    Auch noch fast 70 Jahre nach 45 oder 80 Jahre nach Weimar ist der braune, antidemokratische Filz in Deutschland stark im Parlament, Institutionen und Gesellschaft verankert.

  • W
    Webmarxist

    Im Untersuchungsaushuss des Bundestages müssen die beiden kleinsten Parteien Grüne und Linke auch Beweisanträge stellen dürfen. Nicht nur die Großen. Gleiches Recht für alle.

  • J
    Jörn

    Wenn es denn ein Versagen wäre...

    Wahrscheinlich ist das einzige Versagen in den Augen des Verfassungsschutzes, dass ein kleiner Teil der Hintergründe an die Öffentlichkeit gekommen sind. Ich fürchte Friedrich sieht dies genauso und es wird daher versucht in diesem Sinne "den Schaden" zu begrenzen.

    Es war schon immer ein beliebter Schritt Untersuchungsausschüsse durch die Beteiligung der Regierungsfraktionen "die Zähne zu ziehen".

    Wenn schon Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz alles tun ausser den Rechtsterrorismus wirksam zu verfolen, so sollte auch kein Untersuchungsausschuss diese Kreise stören.

  • V
    Vorfreudiger!

    Gerade bei Themen wie Terror, Mord und Totschlag sollte man Linke und Grüne nicht ausschließen. Es wahrlich noch verdammt viel aufzuklären ...

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Schwarzbuch_des_Kommunismus

  • K
    Kaufmann

    Lächerlich wie so oft. Da versagen konzertiert unsere Verfassungsorgane und die extra hierfür eingesetzten Behörden und da kommt nach wer hätte es gedacht ein Untersuchungsausschuss. Da wird eine hübsche und demokratische Hochglanzbroschüre im Sommer herausgebracht, wenn keiner mehr daran denkt und dann oho, weiß man das warum und wieso,doch es kann wieder passieren.

    Viele der heute die Geschicke Deutschlands leitenden Personen ständen heute nicht da, wo sie sind, wenn sie nicht auf dem rechten Auge blind sind oder besser gesagt keine Nestbeschmutzer sind.