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Untersuchungsausschuss zu WirecardDer Ex-Chef mauert

Lange hatte sich Markus Braun, Ex-Chef des Pleitekonzerns Wirecard, gesträubt, vor dem Ausschuss des Bundestags zu erscheinen. Nun kam er doch – und sagte wenig.

Mit Maske und Rollkragen, aber ohne Handschellen: Markus Braun im Bundestag Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz/rts | Bei der politischen Aufarbeitung des Wirecard-Bilanzskandals hat der ehemalige Chef, Markus Braun, jede Hilfe abgelehnt. Der 51-jährige Österreicher, der seit Wochen in einem Augsburger Gefängnis in Untersuchungshaft sitzt, verlas am Donnerstag vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss eine fünfminütige Erklärung, verweigerte darüber hinaus aber jede weitere Aussage.

„Die staatsanwaltschaftliche Ermittlung steht auf gleicher Stufe wie dieser Ausschuss“, ermahnte ihn Ausschussmitglied Florian Toncar von der FDP. Es half wenig: Braun mauerte. Dabei hatte er sich lange geweigert, nach Berlin in den Bundestagsausschuss zu kommen. Er wolle nicht mit dem Coronavirus infiziert werden. Eine von seinem Anwalt geforderte Videovernehmung hatte aber der Bundesgerichtshof abgelehnt.

Braun stellte sich derweil in einer vorbereiteten Erklärung von der Wortwahl her als Opfer dar. „Die Gerichte müssen klären, wer die Verantwortung für den Zusammenbruch der Wirecard AG trägt“, sagte er. Die Ermittler sollten „den Verbleib veruntreuter Unternehmensgelder“ klären, er vertraue auf deren Objektivität. Aus Sicht der Ankläger war Braun jedoch die treibende Kraft hinter dem Milliardenbetrug bei Wirecard.

Die Firma aus München-Aschheim galt bis zum Sturz in diesem Sommer als Star der deutschen Börsenwelt. Das Unternehmen hat die Verarbeitung von Kreditkartenzahlungen angeboten. Angeblich soll es damit traumhafte Gewinne erzielt haben. Im Jahr 2018 stieg das einstige Start-up sogar in den Deutschen Aktienindex DAX auf.

1,9 Milliarden Euro fehlten in der Kasse

Im Juni dieses Jahres flog auf, dass 1,9 Milliarden in der Kasse fehlen. Inzwischen kursieren auch noch deutlich höhere Zahlen für den Fehlbetrag. Die Bilanz war offenbar um 3,2 Milliarden Euro aufgebläht. Die Gläubiger des Unternehmens sehen sich gar um 12 Milliarden Euro geprellt.

„Ich habe zu keiner Zeit Feststellungen getroffen oder Hinweise darauf erhalten, dass sich Behörden, Aufsichtsstellen oder Politiker nicht korrekt, pflichtwidrig oder in irgendeiner Form unlauter verhalten hätten“, sagte Braun vor den neun Abgeordneten im Ausschuss.

„Das gilt auch für den Aufsichtsrat als Kontrollorgan und die Wirtschaftsprüfer, die im Rahmen der Abschlussprüfungen offenbar massiv getäuscht wurden und daher trotz umfangreichster und tiefgreifender Prüfungshandlungen keine Unregelmäßigkeiten feststellen konnten.“ Vor diesem Hintergrund sei es für ihn nicht nachvollziehbar, warum externe Aufsichtsstellen, die viel weiter weg seien, Versäumnisse zu verantworten hätten.

Unter anderem der Finanzaufsicht Bafin und Wirtschaftsprüfern von Ernst & Young (EY) wird vorgeworfen, zu spät die Bilanzunregelmäßigkeiten bei Wirecard entdeckt zu haben.

Braun gilt als Schlüsselfigur des Wirtschaftskrimis

Braun bügelte sämtliche Fragen der Abgeordneten ab. „Ich werde mich nicht abweichend von meinem Statement äußern“, sagte er immer wieder. Die Fragen der Abgeordneten drehten sich vor allem um Kontakte von Braun und Wirecard zu Politik und Regierung, aber auch zu Behörden, ebenso zum Geschäftsmodell des pleitegegangenen Zahlungsabwicklers.

Braun gilt als Schlüsselfigur des Wirtschaftskrimis um Wirecard. Der ehemalige Firmenchef soll nach Ansicht der Staatsanwaltschaft ein Finanzkarussell organisiert haben, um gewaltige Scheingewinne zu erzeugen. „Das Unternehmen sollte finanzkräftiger und für Investoren und Kunden attraktiver dargestellt werden“, lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft München I. Damit wollten Braun und seine Helfer „regelmäßig Kredite von Banken und sonstigen Investoren erlangen“.

Grund zum Misstrauen gab es bei Wirecard von Anfang an reichlich. Schon vor zehn Jahren gab es erste Gerüchte über Unregelmäßigkeiten in der Bilanz, die Braun jedoch immer wieder zerstreuen konnte. Im Frühjahr 2018 berichtete die Financial Times erstmals über Betrugshinweise. Mitarbeiter von Wirecard in Singapur hatten versucht, auf Unregelmäßigkeiten hinzuweisen.

Die deutsche Finanzaufsicht Bafin behandelte diese Berichte jedoch mehr wie den Versuch der Verleumdung eines einheimischen Unternehmens. Statt eine Untersuchung zu beginnen, hat sie den Investoren verboten, auf fallende Kurse von Wirecard zu wetten. Die Begründung für ihre weitere Untätigkeit: Wirecard sei eine Technikfirma, keine Finanzfirma.

Hier hören die erschütternden Fehlleistungen deutscher Behörden allerdings nicht auf. Denn der Wirecard-Skandal hat auch einen Geheimdienstaspekt. Brauns Vorstandskollege Jan Marsalek war wohl offenbar ein Spion – und dazu noch ein Doppelagent. Die Bundesanwaltschaft geht derzeit dem Verdacht nach, dass er in Österreich als Informant geführt wurde. Marsalek stammt aus Wien. Nun soll er sich in Russland aufhalten.

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3 Kommentare

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  • Das war ein Armutszeugnis für alle Parlamentarier des Untersuchungsausschuss, die Braun schnellstmöglich vernehmen wollten.

    "Ich berufe mich auf mein umfassendes Aussageverweigerungsrecht, was bedeutet, dass ich Ihnen heute auch keine weiteren Fragen beantworten kann."

    Was sollte der sonst sagen? Glaubte da einer das Braun unter Tränen alles gestehen würde, bedeutungsschwangere Andeutungen über Kontakte mit dem Bundeskanzleramt oder ähnliches.

    Für den ist der Untersuchungsausschuss nicht das entscheidende Spielfeld, ihn gleich am Anfang verhören zu wollen, ohne Druckmittel, war einfach nur dumm.

    • @Sven Günther:

      Billiges Show der Politik!



      Sowohl von Regierung als auch von Opposition...

      Nutzlos für Bürgern....0+0=0 gebracht.

  • Der eine gibt sein Ehrenwort, der andere kennt seine Rechte genau...

    Ich kann mich nicht entsinnen, das jemals ein U-Ausschuss Licht in irgendeine Angelegenheit gebracht hätte.



    Das können die Gerichte in der Tat um Größenordnungen besser.