Untersuchung aus Großbritannien: Weniger Zucker senkt von klein auf das Diabetesrisiko
Der Zuckerkonsum von Kindern beeinflusst ihr Diabetesrisiko. Zur Untersuchung nutzen die Forscher*innen eine besondere historische Gegebenheit.
Etwa 529 Millionen Menschen leiden weltweit an Diabetes. 2022 waren es allein in Deutschland 11 Millionen. Ursache einer Diabeteserkrankung ist eine Unterversorgung der Zellen mit Insulin. Während Diabetes Typ 1 eine Autoimmunerkrankung ist, die bei den meisten Betroffenen angeboren ist, tritt Diabetes Typ 2 erst im Laufe des Lebens auf. Neben genetischer Veranlagung spielt dabei auch der Lebenswandel eine Rolle. Als Risikofaktoren gelten unter anderem Bewegungsmangel, Rauchen und Übergewicht.
Einen interessanten Forschungsansatz bietet ein Blick auf die Lebensmittelknappheit in Großbritannien während des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit. Nach Kriegsende wurden mit der verbesserten Versorgungslage bis 1951 alle Beschränkungen schrittweise aufgehoben. Einzig für Süßigkeiten blieben die Beschränkungen bis 1953 bestehen. Im Jahr nach der Freigabe verdoppelte sich der Zuckerkonsum schlagartig.
Die Studie
Auf dieser historischen Grundlage führten Wissenschaftler*innen der UC Berkely ein Experiment durch. Sie verglichen mithilfe der medizinischen Datenbank UK Biobank das Diabetesrisiko von Menschen, die vor 1953 geboren wurden, mit denen, die kurz nach Ende der Zuckerbeschränkungen zur Welt gekommen sind. Dazu wurden die medizinischen Daten der Jahrgänge 1951 bis 1956 untersucht. Dabei entdeckten die Forscher*innen, dass die zur Zeit der Rationierung geborenen Menschen im Alter von 66 Jahren ein bis zu 35 Prozent niedrigeres Diabetesrisiko aufwiesen als die kurz nach Ende der Freigabe gezeugten und geborenen Proband*innen. Das niedrigste Risiko wiesen diejenigen auf, die zum Zeitpunkt der Beschränkungsaufhebung eineinhalb Jahre alt waren. Kinder, die vor der Freigabe gezeugt, aber danach geboren wurden, hatten ein immerhin 15 Prozent niedrigeres Risiko, an Diabetes zu erkranken, als jene, die nach 1953 gezeugt wurden. Dies zeigt, dass auch die Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft großen Einfluss auf das Diabetesrisiko im Alter hat.
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Was bringt’s?
Die Studie konnte eindeutig nachweisen, dass es einen Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum im Kindesalter und Diabetes Typ 2 gibt. Die Forscher*innen erklären die Befunde damit, dass eine sehr frühe Gewöhnung an Süßungsmittel dazu führt, dass Kinder ein suchtähnliches Verhalten ausprägen, das bis ins Erwachsenenalter anhält. Interessanterweise entspricht die verfügbare Zuckermenge im Großbritannien der Nachkriegszeit in etwa den Empfehlungen der WHO und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.
Die Ergebnisse bieten eine gute Vorlage für die Forderung nach einer strengeren Regulierung von Babynahrung. Die Studie kann so als Argumentationsgrundlage für eine Zuckersteuer oder weitere Maßnahmen wie ein Werbeverbot für gesüßte Kindernahrung dienen.
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