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Unterschätzter FrauenfußballHochklassiger Geheimtipp

Nur wenige verfolgten das Spitzenspiel zwischen Wolfsburg und München. Auch sonst wird Frauenfußball weiter stiefmütterlich behandelt.

Komm unter meine Decke! Die Wolfs­burgerinnen Jill Roord (r.) und Shanice van de Sanden freuen sich Foto: dpa

München taz | Carina Wenninger spielt ­bereits seit 2008 für den FC Bayern München. Die Abwehrspielerin hat die komplette Ära seit 2012 miterlebt, in der die Bayern-Frauen und der VfL Wolfsburg das Titelrennen in der Frauen-Bundesliga unter sich ausmachen. „Ich kann mich aber selten an ein Spiel gegen Wolfsburg erinnern, in dem wir uns so viele Chancen erspielt haben und so wenig zugelassen haben“, wunderte sich die 30-jährige Österreicherin nach der 0:1-Niederlage im Spitzenspiel am Samstag.

Über 90 hochklassige Minuten berannten die favorisierten Bayern-Frauen das Tor der mitten in einem Umbruch steckenden Wolfsburgerinnen. Aber die überragende VfL-Torhüterin Almuth Schult machte ein gutes halbes Dutzend Großchancen der Bayerinnen zunichte. Als Schult ein einziges Mal überwunden wurde, zählte der Treffer von Lea Schüller nicht, weil Schiedsrichterin Karoline Wacker zuvor ein Foul gepfiffen hatte.

Und da im Fußball Mannschaften, die ihre Chancen nicht nutzen, bekanntlich bestraft werden, kam es, wie es kommen musste. Bei einer der wenigen Wolfsburger Chancen konnte Bayerns Torfrau Laura Benkarth knapp 20 Minuten vor Schluss einen Kopfball von Tabea Waßmuth zunächst noch an die Latte lenken. Doch Kathrin Hendrich, bis zum vergangenen Sommer beim FC Bayern unter Vertrag, versenkte den Abpraller zum Wolfsburger Siegtreffer im Tor.

Wolfsburg löste durch den Sieg Bayern an der Tabellenspitze ab. Nach etwas mehr als einem Drittel der Saison mischen auch noch Eintracht Frankfurt und die TSG Hoffenheim im Titelrennen mit. Die Bundesliga ist spannend wie seit vielen Jahren nicht mehr, trotzdem zeigte das unterhaltsame Spitzenspiel deutlich die Probleme des Frauenfußballs in Deutschland auf. Zwar ist das Stadion auf dem Bayern-Campus ein echtes Schmuckkästchen, eine Bühne für den großen Fußball ist es mit seinen knapp 3.000 Sitz- und Stehplätzen aber nicht.

Dass am Samstag sogar nur 1.931 Zuschauerinnen und Zuschauer kamen und Plätze frei blieben, ist trotz Pandemie und trübem Nieselwetter enttäuschend. „Es wäre natürlich schön gewesen, wenn zum Spitzenspiel der Frauen-Bundesliga das Stadion voll gewesen wäre“, sagte Almuth Schult, die trotz einer starken Erkältung zur Matchwinnerin wurde.

Unter der Woche waren sowohl der FC Bayern als auch die Wolfsburgerinnen vor deutlich größeren Zuschauermengen in der Champions League angetreten. Der VfL spielte am Dienstag vor 12.700 Fans in der Turiner Arena 2:2 gegen Juventus, die Bayern verloren ihr Gruppenspiel bei Olympique Lyon einen Tag später vor immerhin 7.754 Zuschauerinnen und Zuschauern knapp mit 1:2.

Im Nebenprogramm

Mit einer umfassenden Reform wertete die Uefa die Königinnen­klasse in diesem Sommer massiv auf. Erstmals wird eine Gruppenphase gespielt, eine eigene Hymne wurde komponiert und mit DAZN ein lukrativer TV-Vertrag abgeschlossen. Das Spitzenspiel der Bundesliga hingegen war am Samstag nur im NDR und BR live zu sehen. Obwohl die Männer-Bundesliga in der Länderspielpause ist, verzichtete die ARD auf eine Ausstrahlung im Hauptprogramm.

Während auch in Italien, Spanien und vor allem England die nationalen Frauenligen in den letzten Jahren massiv gefördert wurden, tut sich der nach wie vor in einer schweren Führungskrise steckende DFB schwer, den Frauenfußball voranzubringen. Die Bundesliga besteht weiterhin aus nur zwölf Vereinen. Das Leistungsgefälle zur zweiten Tabellenhälfte ist massiv, weshalb viele Spiele nicht sonderlich spannend sind. Vor allem das Engagement weiterer großer Männerklubs könnte helfen, aber Borussia Dortmund hat beispielsweise gerade erst den Spielbetrieb in der Kreisklasse aufgenommen.

Meister FC Bayern, der durch die Niederlagen gegen Wolfsburg und Lyon unter Druck geraten ist, denkt da in ganz anderen Dimensionen. Der scheidende Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge forderte erst kürzlich eine Ausgliederung der Profivereine aus dem DFB und eine Neuorganisation nach Vorbild der DFL. Pläne, Topspiele wie das gegen Wolfsburg in der Allianz Arena austragen, liegen in der Schublade, wurden aber wegen der Coronapandemie verschoben.

„Man müsste dann nur schauen, dass das gut geplant und beworben wird. Dann den Zuschauerrekord für die Frauen-Bundesliga zu knacken, wäre eine richtig coole Geschichte“, erklärte Trainer Jens Scheuer letzte Woche in einer Presserunde. Ein gutes Zeichen für den Fußball in Deutschland wäre eine solche Kulisse allemal.

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