Unternehmen wollen investieren: Cannabis made in Germany
Das Gesundheitsministerium will die Lizenzen für den deutschen Anbau von medizinischem Cannabis vergeben. 79 Bieter ringen um den Zuschlag.
![Eine Hand in Handschuh hält eine Hanfpflanze in einem Gewächshaus für medizinisches Cannabis Eine Hand in Handschuh hält eine Hanfpflanze in einem Gewächshaus für medizinisches Cannabis](https://taz.de/picture/3338344/14/medizinisches_Cannabis_in_Israel.jpeg)
Ein noch ziemlich neues, aber boomendes Geschäft für Hersteller und Händler also. Allein Farmako rechnet mit mehreren Hundert Millionen Euro Umsatz. Dutzende andere Unternehmen wollen in den Anbau investieren; auch in Berlin haben die mitregierenden Grünen gerade Wirtschaftsförderung für den Cannabisanbau in Aussicht gestellt.
Aber wäre es nicht einfacher, Cannabis für den therapeutischen Gebrauch hierzulande anzubauen und so die Qualität und den Preis zu kontrollieren, statt es zu importieren? Das dem Bundesgesundheitsministerium von Jens Spahn (CDU) unterstellte Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) findet das auch und hat deshalb eine „Cannabisagentur“ gegründet.
Solange nicht in Deutschland angebaut wird, wacht die Agentur mit Sitz in Bonn über Qualität und Quantität der Importe. Und, das ist das Attraktive für viele Start-ups, die Behörde hat den Anbau in Deutschland ausgeschrieben. Es geht um ein Volumen von 10.400 Kilo Cannabis, verteilt auf vier Jahre mit jeweils 2.600 Kilo.
79 Angebote für das lukrative Geschäft
79 Bieter und Bietergemeinschaften haben mittlerweile Angebote abgegeben, sie alle wollen teilhaben an diesem boomenden Geschäft. Das Spahn-Ministerium „erwartet die erste Ernte für das 4. Quartal 2020“. Jeder Bieter kann maximal den Zuschlag für fünf Anteile zu je 200 Kilo bekommen. So soll das unternehmerische Risiko begrenzt werden.
Die Anbaubedingungen selbst sind komplex. Die Anlage muss erhöhten Sicherheitsanforderungen gerecht werden: Der Raum, in dem die Landwirte zwei bis acht Ernten pro Jahr einfahren wollen, muss von einer 24 Zentimeter starken Stahlbetonhülle gesichert sein; die Pflanzen sind grundsätzlich nicht dem Tageslicht ausgesetzt.
Alles nicht ganz einfach für die Bietergemeinschaften. Sie müssen Grundstücke oder am besten gleich ganze Anlagen vorhalten für den Moment, in dem es tatsächlich losgehen kann. Die Firma Aphria zum Beispiel, die unter den Bietern ist, baut aktuell in Schleswig-Holstein eine Anlage für den Anbau von Pharma-Chili. Die für Wärmepflaster verwendete Pflanze unterliegt vergleichbaren Anforderungen und Sicherheitsstandards wie Cannabis.
Zuschlag an die Bieter könnte sich verzögern
Aber noch zieht sich das Verfahren. Der Zuschlag an die Bieter soll eigentlich im zweiten Quartal dieses Jahres erfolgen – aber Wieland Schinnenburg, drogenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, hat da seine Zweifel. „Ich würde mich nicht wundern, wenn die Frist nicht gehalten wird“, sagt der Abgeordnete. 2018 habe es bereits eine Ausschreibung gegeben, die aber aus formalen Gründen vom Oberlandesgericht Düsseldorf gestoppt worden sei. Aber klar ist: Das Thema hat die Politik erreicht.
Anfang April trifft sich in Berlin die Cannabis-als-Medizin-Branche zu ihrer europaweit größten Konferenz. Über sechzig ExpertInnen aus Wirtschaft, Medizin und Politik werden auf der International Cannabis Business Conference diskutieren. Die Marschrichtung ist klar: Gelingt Deutschland mit seiner bisher strikten Drogenpolitik der Schritt zum Produktionsland, kann Europa dem Anbauriesen Kanada ernstlich Konkurrenz machen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links