Unterhauswahl in Japan: Erdrutschsieg für Regierungspartei
Die Liberaldemokraten von Premier Abe haben Prognosen zufolge die Wahl klar für sich entschieden. Dabei hat Abe das Land bisher nicht aus der Rezession holen können.
TOKIO ap | Die regierende Liberaldemokratische Partei (LDP) von Ministerpräsident Shinzo Abe hat bei der vorgezogenen Unterhauswahl in Japan Nachwahlbefragungen zufolge einen Erdrutschsieg errungen. Japanische Medien veröffentlichten kurz nach Schließung der Wahllokale am Sonntag erste Prognosen. Demnach behält die LDP mühelos ihre Mehrheit in dem 475-Sitze-Parlament. Die Nachwahlbefragungen waren bei den vorherigen Wahlen in Japan zuverlässig und nahe am offiziellen Endergebnis. Der hohe Sieg war erwartet worden.
Abe will mit politischen und wirtschaftlichen Reformen das Land aus der Rezession führen. Er erwägt auch weitreichende Verfassungsänderungen. Dafür wollte er sich mit der vorgezogenen Wahl ein Mandat ausstellen lassen. Im Wahlkampf wiederholte er immer wieder den Slogan: „Das ist der einzige Weg!“
Abe hatte sein Amt vor zwei Jahren mit dem Versprechen angetreten, die stagnierende Wirtschaft wiederzubeleben und Japan wieder mehr Statur zu verleihen. Seitdem stiegen zwar die Aktienkurse und die Gewinne der Unternehmen, und die Landeswährung Yen verlor dank massiver geldpolitischer Lockerungen an Wert. Doch zuletzt rutschte Japan nach der Anhebung der Mehrwertsteuer im April wieder in die Rezession.
Trotz der unter Abes Regierung ausgebliebenen wirtschaftlichen Erholung sahen Umfragen die LDP vor einem Erdrutschsieg. Experten sagen, die von 2009 bis 2012 regierende Demokratische Partei habe das Wählervertrauen nachhaltig verloren, weil sie damals Wahlversprechen nicht eingehalten und mit ihrem Krisenmanagement nach der Erdbeben-, Tsunami- und Atomkatastrophe 2011 viel Kredit verspielt habe. Abes Sieg sei wegen einer japanischen Tendenz zum Einparteiensystem, Wählerapathie und aus Mangel an Alternativen mehr als wahrscheinlich. Umfragen vor der Wahl hatten sogar die Möglichkeit gesehen, dass die LDP eine Zwei-Drittel-Mehrheit gewinnt.
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