Unruhen in Thailand: Rauch über dem Geschäftsviertel
Die Kämpfe zwischen Thailands Armee und den Rothemden verschärfen sich. Das Angebot der Demonstranten für Gespräche unter UN-Aufsicht lehnt die Regierung ab.
Dichter schwarzer Rauch liegt über Teilen der thailändischen Hauptstadt. Ein ausgebrannter Müllwagen steht mitten auf der Rama Vier, einer Verkehrsader nahe dem von den Rothemden besetzten Viertel Bangkoks. Eine aufgepeitschte Gruppe von Rothemden und deren Sympathisanten feuern im Minutentakt selbstgebaute Raketen, schwere Böller sowie Zwillen mit Stahlkugeln ab. Offensichtlich haben sie vor, sich in Richtung der Soldaten zu bewegen, die sich jenseits des Müllwagens hinter Sandsäcken verschanzt haben. Dann fängt die Armee an zu feuern - so geht es den ganzen Nachmittag.
Teile der sogenannten "Stadt der Engel" sind nicht wiederzuerkennen. Das von den Rothemden besetzte Geschäftsviertel ist abgeriegelt - die Demonstranten sollen regelrecht ausgehungert werden. Vor allem will die Armee verhindern, dass sich weitere Mitstreiter in das Camp einschleichen. So wollen die sich hinter Barrikaden verschanzten Rothemden in die Knie zwingen. Von einer möglichen Niederschlagung der Proteste ist immer mehr die Rede.
"Soll die Armee doch kommen", sagt eine Demonstrantin mit geflochtenen Haaren und großer Sonnenbrille, die auf einem Wall aus Autoreifen hockt. "So ist das Leben, und wenn es Zeit für mich ist zu sterben, dann ist das eben so." Andere hingegen zeigen ganz offen, dass sie mit ihren Nerven am Ende sind: "Die Regierung will uns alle umbringen", brüllt eine Frau. Unter den Rothemden sind viele Frauen und Kinder. Thailändische Medien berichteten am Sonntagnachmittag, dass einige Protestlerinnen und ihre Sprösslinge bereits ihre Sachen gepackt und Zuflucht in einem nahe gelegenen Tempel gesucht haben.
Die Regierung hatte zuvor ein weiteres Ultimatum gestellt: Gemeinsam mit verschiedenen Organisationen sollte das thailändische Rote Kreuz Frauen und Kinder dazu bringen, das besetzte Viertel bis Montagnachmittag um 15 Uhr Ortszeit zu verlassen.
Am Sonntag hatte Nattawut Saikua, einer der Rothemden-Anführer, der Regierung neue, unter UN-Aufsicht stehende Verhandlungen angeboten. Zuvor aber müssten die Soldaten abgezogen und der Ausnahmezustand aufgehoben werden. Doch die Regierung lehnte diesen Vorschlag ab und weitete den seit Anfang April für Bangkok geltenden Notstand auf weitere Provinzen im Norden und Nordosten aus. Diese sind die Hochburgen der Roten.
Zwischenzeitlich hatte die Armee gar eine Ausgangssperre erwogen, aber diesen Plan wieder aufgegeben. Offiziell hieß es, man wolle der Öffentlichkeit nicht noch mehr Unannehmlichkeiten bereiten. Doch tatsächlich könnte etwas anderes dahinter stecken: dass die Lage bereits zu sehr außer Kontrolle geraten ist, auch wenn Regierung und Militär das bestreiten.
Den Kopf hinhalten müssen die Soldaten auf den Straßen, meist Armeeangehörige niedrigeren Ranges. In Gesprächen geben diese meist sehr jungen Soldaten manchmal zu, dass sie nur Befehle befolgten, aber nicht auf ihre Landsleute schießen wollten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!