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Unicef-Studie zum KindeswohlDeutsch, wohlhabend, nicht happy

Kindern und Jugendlichen in Deutschland geht es materiell besser als anderswo, dennoch sind sie unzufriedener. Das könnte am Leistungsdruck liegen.

Coole Klamotten: Ja. Aber glücklich? Nicht unbedingt. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Teddy ist groß und sitzt auf ihrem Hochbett. Sie hat einen eigenen Computer und Schlittschuhe. Einmal in der Woche geht Johanna reiten. Das Mädchen ist elf, Einzelkind und lebt mit Mama und Papa in Leipzig. Johanna geht es gut. Materiell gesehen. Aber ist Johanna auch glücklich?

Ja, sagt das Mädchen und lacht. Doch so wie Johanna geht es in Deutschland nicht allen Mädchen und Jungen. Jeder Siebte unter den Kindern und Jugendlichen hierzulande ist mit sich und seiner Situation unzufrieden, hat eine Studie des Kinderhilfswerk Unicef herausgefunden, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Damit schneidet Deutschland im internationalen Vergleich relativ schlecht ab: Von den 29 untersuchten Industrieländern landet die Bundesrepublik bei der Lebenszufriedenheit von Kindern nur auf Platz 22.

Unglücklicher als in Berlin, Tübingen, Halle und Castrop-Rauxel sind Minderjährige nur beispielsweise in Ungarn, Litauen und Polen. Am glücklichsten sind sie in anderen reichen Nationen, darunter die Niederlande und skandinavische Länder. Befragt wurden für die Studie mehr als 176.000 Kinder im Alter von 11 bis 15 Jahren, in Deutschland rund 5.000.

Schlusslicht Rumänien

Wie also hängen Wohlstand und Glück zusammen? In Rumänien, das Schlusslicht im Zufriedenheitsranking, sind die Kinder am unglücklichsten. In der Tat haben dort viele Kinder und ihre Eltern wenig Geld, geringe Bildungschancen und ein schlechtes Gesundheitssystem. In Deutschland ist das aber anders. Kindern hier geht es wesentlich besser als in den meisten der befragten Länder – beim materiellen Wohlbefinden landet Deutschland auf Platz 11 der Unicef-Skala.

Auch wenn es um die Gesundheit von Kindern geht, um ihre Wohnverhältnisse, ihre Umwelt und die Frage, wie oft sie sich prügeln, geht es Kindern nicht schlecht. Darüber hinaus gibt es weniger Teenagerschwangerschaften und weniger Selbstmorde bei Jugendlichen als früher. Und bei der Bildung hat Deutschland sogar Bronze errungen: Deutsche Schülerinnen und Schüler können inzwischen besser lesen und rechnen, als ihnen durch verschiedene Pisa-Studien bescheinigt wurde.

Warum also klafft zwischen dem gemessenem und dem gefühlten Wohlergehen eine solch große Lücke? „Unsere an Ressourcen reiche Gesellschaft versagt offensichtlich dabei, allen Mädchen und Jungen Hoffnung und Perspektiven auf gerechte Teilhabe zu geben“, sagt Hans Bertram, Soziologe an der Humboldt-Universität in Berlin und Mitglied des deutschen Unicef-Komitees. Die einseitige Konzentration auf Leistung führe laut Bertram dazu, dass sich viele Kinder und Jugendliche ausgeschlossen fühlten.

Schule nicht überbewerten

Überfordern Eltern ihre Kinder? Tragen gute Zensuren nicht unbedingt zum Glück von Kindern und Jugendlichen bei? Eltern sollten Schule nicht überbewerten, sagt Farida Tilli, Lerntherapeutin in Berlin. Mütter und Väter hätten mitunter die Tendenz, ihre eigene in der Schule entwickelte Leistungsorientierung auf ihre Kinder zu übertragen, sagt die Expertin für Schulstress.

Die Unicef-Experten ziehen ein weiteres Fazit: Eltern sollten ihren Kindern einfach mal zuhören. Richtig, sagt Jan-Uwe Rogge. Der Hamburger Familien- und Kommunikationsberater plädiert dafür, dass Eltern Mut zur Lücke haben sollten. „Kinder lieben Eltern, die nicht perfekt sind“, sagt Rogge.

Vor allem Jugendliche wollen beachtet werden – und Grenzen erkennen, die ihnen ihre Eltern setzen. Ein „Nein“ aus Liebe, sagt Rogge, ist Kindern und Jugendlichen lieber als Großzügigkeit, die nur dazu dient, einen Streit zu vermeiden.

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11 Kommentare

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  • J
    Jochen

    vermutlich hats dann doch wieder mit der urdeutschen eigenschaft der schwermut zu tun...

  • MN
    Michel Ney

    Sowohl das Lamento im Artikel als auch der Sermon in den Kommentaren hier ist rätselhaft. SECHS VON SIEBEN Kindern bezeichneten sich doch keineswegs als unglücklich.

     

    Dass ein markanter Teil der Kinder unseres Landes eben nicht im Wohlstand lebt, sollte nach den letzten Armutsberichten wohlbekannt sein. Wieso dann solche Besinnungsaufsätze über unglückliche Wohlstandskinder? dass es ausgerechnet die Gutsituierten sein sollen, die nicht glücklich sind, das geht aus der Unicef Studie an keiner Stelle hervor.

  • I
    Irene

    Wart ihr als Kinder glücklich? Ich meine richtig glücklich?

  • CN
    Chesterfield Name

    @ Rabenvater:Recht hast Du.Gute Idee mit dem Schüleraustausch.Unsere verwöhnten Gören sind mit nichts zufrieden und wollen immer mehr.Das Wort Bescheidenheit ist doch in Deutschland ein Fremdwort.

  • J
    Jugendliche

    An Montherlant:

     

    Ich würde das nicht so verallgemeinern, ich habe ein paar Mitschüler, die sich gerade so mit 4 durchs Gymnasium schleifen und vollkommen überfordert sind, und deshalb eben auch unzufrieden, nur weil die Eltern der Meinung sind die Regionalschule wär nicht "gut genug" für ihr Kind.

     

     

    Gibt aber auch das Gegenbeispiel, ich zum Beispiel langweile mich meist im Unterricht, gerade im Matheunterricht, werden Sachen die ich beim ersten Mal verstehe noch 4 oder 5 mal wiederholt, Schulnoten halte ich sowieso für subjektiv und veraltet, dann ist es also kein Wunder, dass ich meine Zufriedenheit nicht an der Schule festmache, sondern eher daran, was ich in meiner Freizeit tue, wofür ich mich einsetze. Was ich damit sagen will, vielleicht sollte man gar nicht so sehr auf die Schule achten, denn das ist, aus meiner Sicht kein Faktor für Zufriedenheit.

  • K
    KlausK

    Ein Wahrnehmungsproblem:

    Wer ständig aufm Smartphone rubbelt und das in die Kapuze gehüllte Haupt dabei gesenkt hält, kann sich nicht besser fühlen, weil er von der realen Welt fast nichts mehr mitbekommt.

     

    @Rabenvater: Meine Zustimmung, den Schüleraustauch mit der Ukraine betreffend.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Wohlhabend,vermögend sein,heißt noch öange nicht glücklich sein.Geld beruhigt,schafft aber keine menschliche emotionale Zuwendung.

  • R
    Rabenvater

    Die lieben Kleinen leiden doch nur an der deutschen Krankheit:

    Jammern auf hohem Niveau.

     

    Vielleicht täte ihnen ein Schüleraustausch in der ukrainischen Provinz ganz gut.

  • S
    Susanna

    „Unsere an Ressourcen reiche Gesellschaft versagt offensichtlich dabei, allen Mädchen und Jungen Hoffnung und Perspektiven auf gerechte Teilhabe zu geben“

     

    Ich glaube, das ist viel zu kompliziert gedacht. Ich sehe in Deutschland selten Eltern, die hemmungslos Freude mit ihren Kindern erleben. Die einfach Spaß haben. Sich freuen, dass die Kinder auf der Welt sind und das zeigen. Es wird unhemlich viel geschulmeistert. Wenig gelacht.

     

    Der direkte Vergleich mit meiner angeheirateten irischen Familie gibt mir immer das Gefühl, dass in Deutschland Kinder in erster Linie als Anstrengung ung Belastung empfunden werden oder als schwere Aufgabe, auch wenn man sie natürlich liebt. Es gibt wenig Leichtigkeit. Ich bin in Irland immer wieder erstaunt, was für ein pures Glück Menschen ausstrahlen, wenn sie in Kontakt mit Kindern sind.

     

    Hier ist dieser Kontakt oft hilflos oder freudlos. Ich bin ja selber deutsch und sehe das bei mir und meinen Eltern auch. Sowas überträgt sich.

  • M
    Montherlant

    Am Leistungsdruck? Haha, der Leistungsdruck, der dazu führt, daß es immer mehr Abiturienten gibt, die gleichzeitig auch noch immer bessere Noten haben? Der Leistungsdruck dafür sorgt, daß auch völlig unfähige Leute studieren können und auch noch das ganze Studium durchgeschleift werden? Der Leistungsdruck, der Ausbilder verzweifeln läßt, weil nicht einmal mehr Abiturienten die grundlegenden Regeln der Rechtschreibung, gewschweige denn die Grundrechenarten kennen?

     

    Nein, die Unzufriedenheit liegt doch wohl eher daran, daß Jugendliche hierzulande alles in ihre Arsch geblasen bekommen und sich nichts mehr selber erarbeiten müssen.

  • FF
    Fischers Fritze

    In Deutschland muss man nicht fragen, warum die Leute keine Kinder bekommen; man sollte fragen warum sie denn welche bekommen sollten.

    Diese armen Gören leben in einer Scheißumgebung (schon das Wort Verkehrserziehung zeigt doch, was hier Priorität hat!- der Verkehr), sie haben keine Lobby, sie sind in ihrer Altersstufe in der ethnischen Minderheit, sie sind ökonomische Manövriermasse ("Rentenzahler"), sie haben Mütter, die lieber Vollzeit arbeiten wollen oder müssen, weil die Kohle nicht reicht, viele kennen das Wort Urlaub nicht mehr, sie haben keinen Platz, keine Zeit, miserable Schulen, genießen keine Erziehung mehr- nur noch Druck, dass "aus dem Einzelkind was werden muss", keine Abenteuer, kein nix... naja, und so weiter.