Uni Bremen wählt neue Rektorin: Eine Frau an der Spitze
Die Uni Bremen wählt am 2. März erstmals eine Frau zur Rektorin, so viel ist sicher. Für die Favoritin der Studierenden könnte es eng werden.
Eine Dekade lang war Bernd Scholz-Reiter Rektor der Universität Bremen. Im Sommer scheidet er altersbedingt aus. Heute wählt der Akademische Senat der Universität Bremen seine Nachfolgerin. Das Amt soll im Herbst 2022 erstmals mit einer Frau besetzt werden. Eine Findungskommission hat die beiden Kandidatinnen ausgewählt. Beide hatten vergangene Woche die Möglichkeit, mit einem Zukunftskonzept die Hochschulöffentlichkeit zu überzeugen.
In Gesprächen mit beiden Bewerberinnen sei Blechniger-Talcott deutlich schlechter vorbereitet gewesen als Jutta Günther, erzählt Dominik Lange – obwohl beide die gleichen Fragen im Voraus geschickt bekommen hatten. Lange ist Mitglied des AStA und des Akademischen Senats. Bei Günther hatte die Studierendenvertretung „von vornherein das Gefühl, dass sie unsere Anliegen ernst nimmt“, sagt Lange im Gespräch mit der taz.
Hört man sich an der Uni unter Studierenden um, findet Günther ebenfalls mehr Zustimmung. „Wir brauchen eine Rektorin, die sich der gesellschaftlichen Verantwortung der Universität bewusst ist und die Themen der notwendigen globalen sozial-ökologischen Transformation und generationenübergreifenden Gerechtigkeit verbindlich und zuverlässig in den Mittelpunkt ihres Handelns stellt“, sagt Hanna Knahl, Mitglied der „Students for Future Bremen“.
Studierende haben eine klare Favoritin
Die verfasste Studierendenschaft spricht sich deshalb in einer Pressemitteilung geschlossen für Günther aus. Trotzdem, sagt Lange, könnte es knapp werden bei der Wahl. Es gebe einen konservativen Flügel an der Hochschule, der eher Blechinger-Talcott unterstütze.
Jutta Günther tritt mit Heimvorteil an. Seit 2014 ist sie Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Uni Bremen. 2020 wurde sie Konrektorin für Forschung, wissenschaftlichen Nachwuchs und Transfer. Nach 50-jährigem Bestehen habe die Uni eine goldene Chance, „etwas Neues zu wagen“ – ganz im Geiste des „Bremer Spirit“, sagte Günther in ihrer Bewerbungsrede.
Blechinger-Talcott hat sich als externe Kandidatin auf den Posten der Rektorin beworben. Sie ist die zweite von vier Vizepräsident:innen der FU Berlin und dort seit 2004 Professorin für Politik und Wirtschaft Japans. Die Möglichkeit, als Rektorin mehr Gestaltungsspielraum zu haben, reize sie, sagte sie bei ihrer Bewerbungsrede.
Die Ideen und Konzepte der beiden Bewerberinnen für die Zukunft der ehemaligen Exzellenzuniversität sind nicht grundverschieden – aber unterschiedlich genug, um in der öffentlichen Sitzung des Akademischen Senats für Diskussionsstoff zu sorgen. Günther möchte der Universität einen neuen Anstrich spendieren. Unter dem Leitthema „Klimawandel und Nachhaltigkeit“ sollen die Fachbereiche noch stärker interdisziplinäre Forschung und Lehre betreiben und die Universität für junge, klimabewusste Menschen über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus attraktiv machen. Günther ist seit zwei Jahren Mitglied der Enquetekommission „Klimaschutzstrategie für das Land Bremen“, thematisch also bestens vernetzt.
Externe Kandidatin verspricht „neue Karrierekonzepte“
In Blechinger-Talcotts Konzept für die Zukunft der Uni steht nichts über den Klimawandel. Nachhaltig möchte sie agieren, insbesondere im Umgang mit Mitarbeitenden. Für Personal in der Verwaltung und wissenschaftliche Mitarbeitende sollen neue Karrierekonzepte erarbeitet werden. Ein möglicher Widerspruch, war doch in ihrem Verantwortungsbereich noch im Sommer 2021 einem Bericht des „Tagesspiegels“ zufolge eine sehr erfolgreiche Wissenschaftlerin an der FU Berlin zum Weggang gedrängt worden.
Fest steht, dass die Zeit von Bernd Scholz-Reiter als Rektor der Universität Bremen zu Ende geht. Publikationen in sogenannten „Raubverlagen“, und ein wenig souveräner Umgang mit Kritik bleiben aus seiner Zeit als Rektor im Gedächtnis. Scholz-Reiter ließ satirische Flugblätter über seine Person wiederholt entfernen.
Eine hohe Messlatte für die neue Rektorin wird das Erreichen des Status als Exzellenzuniversität sein. 2012 hatte die Uni Bremen den Titel erhalten, konnte ihn 2019 aber nicht verteidigen. Erreicht die Uni den Status erneut, hat das nicht nur positive Auswirkungen auf das internationale Renommee, sondern auch auf die dauerhaft knappen Budgets der Universität. Zwischen 2012 und 2019 hatte die Exzellenz über 100 Millionen Euro in die Kassen gespült.
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