piwik no script img

Ungleichheit in der EUReicher Norden, armer Süden

Zu wenige Investitionen und ein unflexibler Arbeitsmarkt – viele südeuropäische Länder stehen wirtschaftlich immer schlechter da, sagt IWF-Chefin Lagarde.

Christine Lagarde spricht auf der Münchner Europa Konferenz Foto: dpa

München rtr/dpa | IWF-Chefin Christine Lagarde hat vor einer wachsenden wirtschaftlichen Kluft zwischen den Nord- und Südstaaten in der EU gewarnt: Während die osteuropäischen Länder in den vergangenen Jahren den Abstand zu den alten EU-Mitgliedsstaaten verringert hätten, sei die Anpassung zwischen Nord und Süd in den vergangenen 20 Jahren nicht vorangekommen, sagte Lagarde am Donnerstagabend in München. „Seit der (Finanz-)Krise ist die Situation sogar noch schlechter geworden“, sagte sie auf der Münchner Europa Konferenz.

In den fünf am meisten von der Finanzkrise betroffenen Ländern des europäischen Südens sei das Pro-Kopf-Einkommen in den Jahren 2008 bis 2017 de facto geschrumpft. Deshalb müsse nun eine Aufholjagd beginnen, wenn man die EU auch politisch stabil halten wolle.

Nötig seien Strukturreformen vor allem auf drei Gebieten: Zum einen müssten die Arbeitsmärkte in Ländern wie Griechenland oder Italien flexibler werden. In Ländern wie Spanien, Italien und Griechenland müsse der Jugendarbeitslosigkeit von über 30 Prozent durch mehr und gezieltere Investitionen in Bildung und Ausbildung junger Leute begegnet werden. Lagarde verwies auf Portugal als positives Beispiel. Dort seien sehr viel mehr feste statt befristete Jobs entstanden, weil die Arbeitsgesetze flexibler geworden seien.

Zweitens sei es nötig, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Firmen zu verbessern, sagte die IWF-Chefin. In Griechenland dauere es etwa neun Mal so lange, eine Firma abzuwickeln wie in Irland. „Einen gemeinsamen Versicherungsmarkt in der EU kann es aber erst geben, wenn auch die Insolvenzregeln harmoniert sind“, sagte sie.

Drittens sei es nötig für die südlichen EU-Staaten, mehr in Forschung und Entwicklung zu investieren. Italien, Portugal und Spanien hätten zwischen 2000 und 2014 nur durchschnittlich ein Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Innovationen ausgegeben. Zum Vergleich: In Deutschland erreichten die Forschungsausgaben 2018 erstmals die Marke von drei Prozent des BIP.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Ungleichheit in EU-Deutschland.



    Reicher Osten, armer Westen?

    Millionenfache Altersarmut ist in Deutschland West und Ost vorprogrammiert!

    Fakten zur GRV-Durchschnittsrente von Frauen und Männern in Deutschland (2017).

    Hierzu gibt die Deutsche Rentenversicherung im Jahresbericht „Rentenversicherung in Zahlen 2017“ – allerdings ziemlich versteckt! – Auskunft.

    Das Ergebnis für die 18,13 Millionen Bezieher von Altersrenten ist ziemlich ernüchternd und Altersarmut ist vorprogrammiert:

    Alte Bundesländer West:



    durchschnittliche mtl. Rente für Männer: 1078



    durchschnittliche mtl. Rente für Frauen: 606

    Neue Bundesländer Ost:



    durchschnittliche mtl. Rente für Männer: 1171



    durchschnittliche mtl. Rente für Frauen: 894

    Besonders problematisch ist die Situation für Frauen in den alten Bundesländern. Es fehlen ihnen im Durchschnitt 18 Beitragsjahre. Da Frauen für die gleiche Tätigkeit durchschnittlich 22 Prozent weniger verdienen als Männer, ist es nicht verwunderlich, dass eine Durchschnittsrentnerin deutlich weniger erhält als ein Standardrentner.

    Durchschnittliche Beitragsjahre West:



    Alte Bundesländer:



    Männer: 40,4 Jahre



    Frauen: 27,5

    Durchschnittliche Beitragsjahre Ost:



    Neue Bundesländer:



    Männer: 44,6 Jahre



    Frauen: 39,7

    User: ''Man muss sich langsam fragen, sind der Politik die berechtigten Sorgen seiner Bürger so egal oder warum wird nicht endlich reagiert wenn Renten und Kinderarmut in unserem Land massiv auf der Tagesordnung stehen????!!!! Es wird allerhöchste Zeit auf die Probleme der Menschen hier in Deutschland einzugehen und diese endlich ernst zu nehmen!!!!''

  • Portugal hat durch soziale Maßnahmwn erreicht, dass die Wirtwchaft wieder ans Laufen kam. Dazu gehörte auch die Rücknahme der Kürzungen am Mindestlohn. Da redet Frau Lagarde sich alternative Fskten zusammen.

    Der Begriff flexibler Arbeitsmarkt kaschiert das Ziel Sozialabbau und Abbau von Rechten. Dieses Rezept hat auch hier in DE nicht funktioniert, sondern hauptsächlich prekäre Verhältnisse geschaffen. Es wird nur das Niveau gesenkt, dass das oberste % nicht so viel zur Gesellschaft beitragen soll.

  • Es gilt zu befürchten das sich der Ausgleich zwischen Nord und Süd bald auf ganz andere Art und Weise gestaltet. Wenn der Brexit durch ist verliert der Norden die nötigen Stimmen für eine Sperrminorität und kann sich nicht mehr gegen langfingrige Gesetzesintiativen aus dem Süden wehren, wie es bisher möglich war.

  • "Lagarde verwies auf Portugal als positives Beispiel. Dort seien sehr viel mehr feste statt befristete Jobs entstanden, weil die Arbeitsgesetze flexibler geworden seien."

    Ach, darum geht's.

  • Lasst mich raten: Löhne runter, Kündigungsschutz aufheben? Hey, ich bin so schlau wie die Lagarde!

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...Andy???



    Deutschland, Frankreich, beide Länder wollten das so. Billige Arbeitskräfte aus dem Süden, Spanien, Italien, Griechenland. Hat doch funktioniert??!