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Ungarns Ja zum finnischen Nato-BeitrittOrbáns taktisches Spiel

Ralf Leonhard
Kommentar von Ralf Leonhard

Nun stimmt Ungarns Regierungschef doch Finnlands Nato-Beitritt zu. Viktor Orbán geht es dabei vor allem um eingefrorene EU-Gelder.

Der finnische Präsident Sauli Niinistö unterschreibt die Dokumente für die Nato-Mitgliedschaft Foto: Markku Ulander/dpa

V on Viktor Orbán ist man gewohnt, dass er keine Gelegenheit auslässt, sich wichtig zu machen. Das gilt in der EU genauso wie in der Nato. So nutzt Ungarns rechtsnationaler Premier auch seine Vetomacht, um den Beitritt von Finnland und Schweden zum transatlantischen Verteidigungsbündnis zu blockieren. Was dahintersteckt, hat nichts mit der Nato zu tun: Ende März entscheidet die EU darüber, ob ein Teil der eingefrorenen Transferleistungen an Ungarn freigegeben wird.

Nach langem Zögern hat das ungarische Parlament am Montag seine Zustimmung zum finnischen Beitritt gegeben. Wo sonst die Abstimmungsmaschinerie der regierenden Fidesz mit militärischer Disziplin funktioniert, wurde diesmal eine Charade demokratischer Konsensfindung abgezogen. Man darf also davon ausgehen, dass Orbán wieder einmal umworben sein will. Anders ist auch nicht zu erklären, warum er auf seine Zustimmung zu Schwedens Aufnahme noch warten lässt. Die schwedische Regierung verbreite „Lügen“ über den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn, heißt die offizielle Erklärung. Man legte drei wörtliche Zitate von Premier Ulf Kristersson und anderen Ministern vor, die das Einfrieren von EU-Transfers an Ungarn befürworten. Damit gibt Orbán auch unumwunden zu, dass er Nato und EU-Angelegenheiten vermischt.

Im türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan, der die Nato-Erweiterung aus innenpolitischen Motiven blockiert, hat Orbán einen Bruder im Geiste gefunden. Auch er erpresst Europa, allerdings mit unvergleichlich größerem Hebel, den er genüsslich einsetzt. Ohne die Türkei könnte Orbán sein Spiel mit der Nato nicht spielen, meint die liberale Außenpolitikexpertin Zsuzsanna Szelényi. Kein Zufall, dass Orbán Erdoğan Mitte März seine Aufwartung machte. Und kein Zufall, dass er dessen Beispiel folgt, zunächst nur für Finnland grünes Licht zu geben. Für Schweden könnte es noch ein langer Weg sein, wenn die EU ihre Bedingungen für die Freigabe der Gelder ernst nimmt. Budapest hat davon noch kaum welche erfüllt. Vielleicht, so der unabhängige Parlamentsabgeordnete Ákos Hadházy, handelt Orbán aber auch als Agent Putins.

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Ralf Leonhard
Auslandskorrespondent Österreich
*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.
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2 Kommentare

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  • Erpressung. Genau das ist es. Die einen sind die schnörkellosen Erpresser, die anderen die Erpreßten. Warum sich letztere auf diesem Niveau behandeln lassen, wird mir immer ein Rätsel bleiben.

    • @LeKikerikrit:

      Völlig richtig! Es gehört auch immer jemand dazu, der sich erpressen LÄSST. Unsere famose vdL schielt auf die Wiederwahl, Erdogan lässt sie auf dem "Katzenbänkchen" sitzen und die lässt sich das einfach so bieten. Bei einer so schwachen, überforderten Führung sollte man sich über die Spielchen von Orban und Erdogan nicht wundern.