Ungarns Fidesz und die EVP: Schweigen in Budapest

Premier Viktor Orbán trifft den EVP-Fraktionschef Manfred Weber. Ob seine Partei die Europäische Volkspartei verlässt, ist noch offen.

Manfred Weber am Dienstag bei einer Pressekonferenz in der Budapester Hauptsynagoge

Manfred Weber am Dienstag bei einer Pressekonferenz in der Budapester Hauptsynagoge Foto: reuters

BUDAPEST taz | Glaubt man Viktor Orbáns offizieller Facebook-Seite, muss der Ministerpräsident von Laos mehr Eindruck in Budapest hinterlassen haben als der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber. Gleich nach dem Treffen mit seinem asiatischen Amtskollegen veröffentlichte das Team des ungarischen Regierungschefs ein Dutzend Fotos und ein Video von den Verhandlungen.

Orbán kommuniziert seit einiger Zeit fast ausschließlich auf Zuckerbergs blauer Wand. Also warteten alle ungarischen Journalisten darauf, was Orbán und sein Team über das Treffen mit Manfred Weber bei Facebook veröffentlichen würden. Inzwischen kennen wir die Antwort: gar nicht.

Der EVP-Spitzenkandidat hat anscheinend geschafft, was in Budapest kaum für möglich gehalten wurde. Er hat Orbán einen Denkzettel verpasst. Vor der Visite hieß es in der ungarischen Regierungspresse noch, Weber wolle die Spannungen zwischen der EVP und Orbáns Fidesz-Partei verringern. Einige Kommentatoren freuten sich schon auf reuige Gesten des CSU-Politikers. Weber trat dieser Einschätzung mit einfachen Mitteln entgegen. Er traf nicht nur den problematischen Parteifreund, sondern auch zwei Kritiker des Regimes.

Nach Informationen der taz war es die Idee von Webers Team, den Vorsitzenden des Bundes Jüdischer Gemeinden in Ungarn (Mazsihisz) zu treffen. András Heisler war Ziel antisemitischer Anfeindungen seitens der Regierungspresse. Orbán versucht seit einigen Jahren, einen anderen, kleineren Dachverband als wahre jüdische Interessenvertretung zu fördern.

Gefahr von Antisemitismus

Es war jedoch Heisler, der Weber mit Kipa auf dem Kopf durch die große Synagoge von Budapest führte. Der Europapolitiker sprach vor einem riesigen Davidstern über die Gefahren von Antisemitismus und Fremdenhass. Harsche Worte in Ungarn, wo gegen George Soros und andere prominente Juden gehetzt wird, aber die Regierung tut so, als wäre auf dem Kontinent nur sie frei vom Antisemitismus.

Weber traf auch den Rektor der Central European University (CEU), deren amerikanische Studiengänge in diesem Jahr aus Budapest abziehen müssen. Der CSU-Politiker fühlt sich von Orbán persönlich hintergangen, da der ihm bereits versprochen hatte, die von dem US-Milliardär Soros gegründete Universität zu verschonen. Orbán weist immer darauf hin, dass einige Programme der CEU in Budapest bleiben. Diesmal war Weber jedoch besser vorbereitet, als es Orbán lieb sein konnte. Seine Forderung war eindeutig: Orbán muss ermöglichen, dass alle bisherigen Fakultäten in Budapest bleiben dürfen. Tut er das, darf er in der Volkspartei bleiben.

Weber sprach nicht nur mit Orbán, sondern auchmit zwei Kritikern des Regimes

Niemand weiß, was der Mann aus Budapest will. Orbán schwieg über seine Unterredung mit dem bayerischen Gast. Er hat noch bis zum 20. März Zeit, darüber nachzudenken, selbst die EVP zu verlassen oder bis zu den EU-Wahlen stillzuhalten. Am nächsten Mittwoch stimmen die Volksparteien über die Zukunft von Fidesz ab.

Noch ist alles offen und alle Gesten werden genau studiert. So spricht Orbán an diesem Freitag, dem nationalen Feiertag Ungarns, mit Polens Premier auf einer Großdemonstration in Budapest. Urteilt man aus der Perspektive von Weber, hat Mateusz Morawiecki das falsche Parteibuch. Seine PiS gehört der Familie der europäischen Konservativen an. Genau dort warten sie auf Orbán mit offenen Armen.

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