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Unesco über Kulturerbe im Irak„Die Zerstörung ist ein Teufelskreis“

Mesopotamien gilt als Wiege der Zivilisation, doch die archäologischen Stätten des Irak sind gefährdet. Unesco-Expertin Al Hassan sagt: „Wir können nichts tun“.

Bedeutend, bedroht: Die antike Stadt Hatra liegt in der von Isis-Kämpfern eroberten Provinz Nineve. Bild: imago
Jannis Hagmann
Interview von Jannis Hagmann

taz: Frau al-Hassan, die Unesco hat alle Iraker aufgerufen, gemeinsam für den Schutz des Kulturerbes einzutreten. Warum sind Sie so besorgt?

Nada Al Hassan: Der Angriff auf Kulturerbestätten führt zu Racheaktionen. Eine Bevölkerungsgruppe, die von Zerstörung betroffen ist, zerstört das Erbe der anderen Gruppe – ein Teufelskreis. Außerdem geht es uns natürlich um den historischen, sozialen und spirituellen Wert des Kulturerbes, der identitätsstiftend für die lokale Bevölkerung ist.

In Mesopotamien, bekannt als Wiege der Zivilisation, liegen unzählige archäologische Stätten. Wie ist es um diese bestellt?

Wir haben Informationen über Plünderungen und absichtliche Zerstörungen. Das geht aber alles so schnell, dass sich niemand ein Gesamtbild machen kann. Wir haben gehört, dass das Grab des Ibn al-Athir in Mossul geöffnet wurde. Wenn das stimmt, ist es eine Schande.

Die Unesco hat mehrere Orte im Irak zum Weltkulturerbe erklärt. Sind diese Orte jetzt auch bedroht?

Am Samstag wurde eine neue Stätte auf die Welterbe-Liste aufgenommen: die Zitadelle in Erbil. Damit gehören vier Stätten im Irak dazu: Hatra, Aschur, Samarra und jetzt Erbil. Uns liegen sehr beunruhigende Informationen über Hatra vor. Aschur und Samarra waren bereits vorher auf der Roten Liste des gefährdeten Welterbes.

Im April haben islamistische Aufständische die Schleusen eines Staudamms geschlossen. Das unter Wasser gesetzte Land sollte den Vormarsch der Armee auf Falludscha stoppen. Hat das auch archäologische Stätten beschädigt?

Wir haben die irakische Regierung gefragt. Uns wurde gesagt, dass nichts passiert sei. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Bild: privat
Im Interview: Nada Al Hassan

ist beim Pariser „UNESCO-Zentrum für das Weltkulturerbe“ für den arabischen Raum zuständig.

Im Irak gibt es viele Schreine von Propheten aus dem Alten Testament, die auch von Muslimen verehrt werden. Sunnitische Extremisten wie die Isis-Kämpfer lehnen Heiligenverehrung aber strikt ab. Geht es bei der Zerstörung um Religion?

Wir sehen in den Medien, dass religiöse Gewalt stattfindet und dabei ist zu eskalieren. Aber um ehrlich zu sein, können wir momentan nichts tun, außer zu Dialog und Frieden aufzurufen.

Haben Sie denn Teams im Irak, die die Lage beobachten?

Unsere Informationen kommen aus den Medien oder von der Regierung. Da wir sie nicht verifizieren können, sind wir aber vorsichtig. Bis die irakischen Behörden uns berichten, dass eine Stätte zerstört worden ist, machen wir nur eine Bestandsaufnahme dessen, was wir hören. Außerdem stellen wir sicher, dass mögliche Luftschläge die Lage historischer Stätten berücksichtigen. Während der Präsenz der britischen und amerikanischen Truppen haben wir alle Seiten über die historischen Stätten informiert. Sie kennen unsere Position.

Das klingt nach einer sehr passiven Rolle.

Wir arbeiten daran, illegalen Handel zu verhindern, und kooperieren dabei auch mit Interpol. Wir schreiben in solchen Situationen auch Auktionshäuser wie Christie's oder Sotheby's an und erinnern sie an ihre Verpflichtungen. Aber wenn Gewalt stattfindet, treten wir einen Schritt zurück. So ist das leider. Es ist wirklich nicht die Aufgabe der Unesco, in diesen Konflikt einzugreifen.

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