Uneinigkeit bei der UN: Keine Resolution zum Giftgas-Vorfall
Russland blockiert mit Veto Syrien-Resolution des UNO-Sicherheitsrates zum Giftgaseinsatz. Westliche Vetomächte lehnten Kompromiss ab.
Für den von den drei westlichen Vetomächten USA, Frankreich und Großbritannien vorgelegten Resolutionsentwurf stimmten zehn Ratsmitglieder. Dagegen votierte neben Rußland auch das nichtständige Ratsmitglied Bolivien. Die Vetomacht China enthielt sich ebenso wie Kasachstan und Äthopien.
Damit stehen weiterhin zwei gegensätzliche Versionen im Raum: Die Trump-Administration in Washington behauptet unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse und Zeugenaussagen , ein syrisches Kampflugzeug habe am 4. April Bomben mit dem Giftgas Sarin auf Chan Scheichun abgeworfen. Dieser Version haben sich sämtliche westlichen Verbündeten der USA angeschlossen.
Die Regierungen in Moskau und Damaskus halten hingegen an der Version fest, wonach ein syrisches Kampfflugzeug bei dem Beschuß eines am Rande von Chan Scheichun gelegenen Waffenlagers des syrischen al-Qaida-Ablegers Dschabhat fatah al-sham auch ein zuvor nicht bekanntes Giftgasdepot dieser Gruppe getroffen habe. Danach seien die freigesetzten Giftgase durch den Wind in das Zentrum der Stadt getrieben worden.
Moskau sieht „antisyrische Tendenz“
Der stellvertretende russische UNO-Botschafter Wladimir Safronkow begründete sein Veto damit, der westliche Resolutionsentwurf habe eine „antisyrische Tendenz“. Der Entwurf beginnt mit einer „scharfen Verurteilung“ eines „Giftgasangriffs“ und übernimmt damit die westliche Version der Ereignisse vom 4. April.
Die Initiatoren der Resolution hätten „voreilige Schlüsse über die Verantwortung für einen mutmaßlichen Giftgasangriff gezogen“, kritisierte Safronkow.
Rußland hatte zudem Einwände gegen die Passage des Entwurfs, in dem die syrische Regierung aufgefordert wird, den Ermittlern der OPCW Flugpläne und Informationen über alle Luftoperationen am 4. April vorzulegen. Zudem sollen den Ermittlern die Namen der Kommandeure von Hubschrauberschwadronen genannt werden und sie Zugang zu Luftwaffenstützpunkten erhalten, von denen ein Angriff gestartet worden sein könnte.
Westliche Vetomächte gegen Kompromissentwurf
Warum diese Forderung an die syrische Regierung unzumutbar ist, führte der russische Vertreter zumindest in seinen öffentlichen Äußerungen vor der Abstimmung im Sicherheitsrat nicht aus.
Ein Kompromissentwurf ohne diese Passage, den die zehn nichtständigen Mitglieder des Sicherheitsrates bereits letzte Woche vorgelegt hatten, war auf Ablehung bei den drei westlichen Vetomächten gestoßen.
Trotz seines Vetos gegen den Resolutionsentwurf forderte der russische Botschafter anschließend vor Journalisten eine „sofortige und vollständige Untersuchung durch die OPCW“. Ähnlich äußerte sich in Moskau Aussenminister Sergey Lawrow anläßlich seines Treffen mit seinem US-Amtskollegen Rex Tillerson.
Das russische Veto war das achte gegen einen Resolutionsantrag im UNO-Sicherheitsrates zum Syrienkonflikt seit Herbst 2011. Mit Aufmerksamkeit wurde registriert, daß China zum zweiten Mal nicht ebenfalls ein Veto einlegte, sondern sich enthielt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier