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Unbescholtener Sozi verzweifelt gesucht

Die Genossen wollen den Vorsitz des Untersuchungsausschusses zum SPD-Filz unbedingt selbst besetzen. In der kommenden Woche müssen sie einen Kandidaten benennen. Doch eigentlich gibt es gar keinen geeigneten Bewerber  ■ Von Silke Mertins

Die Hamburger Sozialdemokratie steht vor einem Problem: In der kommenden Woche soll Fraktionschef Holger Christier einen der Seinen bestimmen, der den von der CDU beantragten Parlamentarischen Untersuchungsausschuß (PUA) zum SPD-Filz leitet. Doch obwohl die SPD sich vehement weigert, den Vorsitz, auf den sie einen Anspruch hat, wegen eigener Betroffenheit an die GAL abzugeben, hat sie eigentlich keinen geeigneten Kandidaten.

Müßte Christier eine Stellenanzeige aufgeben, sähe die in etwa so aus wie rechts: „Alteingesessene Hamburger Partei mit Regierungsmonopol sucht unbescholtenen SPD-Abgeordneten mit Persönlichkeit und Erfahrung in der Leitung größerer politischer Gremien. Sie sind kein Zuwendungsempfänger der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS), haben kein Gewerkschaftsamt und sind nicht Mitglied in den SPD-Kreisen Nord und Altona...“Doch die taz-Rasterfahndung zeigt: einen solchen SPD-Abgeordneten gibt es in der Fraktion nicht.

Wer nicht schon selbst mitgekungelt hat, in der einen oder anderen Art und Weise befangen ist oder aus den mit Vorwürfen überhäuften SPD-Kreisen stammt, kann höchstens aus der zweiten Reihe sein. Dort aber sitzen viele, die entweder wegen Unerfahrenheit – zum Beispiel der Gesundheitspolitiker Mathias Petersen – oder mangels Befähigung – da gibt es viele – nicht in Frage kommen.

Übrig bleiben fünf halbwegs diskutable KandidatInnen, die eigentlich aber auch nicht ohne Fehl und Tadel sind: Walter Zuckerer, Barbara Duden, Rüdiger Schulz, Günter Frank und Rolf-Dieter Klooß.

SPD-Fraktionsvize Zuckerer wäre zweifellos der geeignetste PUA-Vorsitzende. Der Parteilinke leitet nicht nur regelmäßig Chaos-Clubs wie den SPD-Parteitag mit all seinen Anträgen, Zusatzanträgen und Zusatzzusatzanträgen. Ihm kann auch Gespür und Standing zugetraut werden, im richtigen Augenblick zu wissen, ob und wie ein Zeuge auseinandergenommen werden sollte.

Außerdem ist er kein Freund des Filz-Kreises Nord, aus dem auch Bürgermeister Ortwin Runde und Ex-Senator Jan Ehlers stammen. Doch Zuckerer ist aus Altona. Und Altona wurde von der CDU in den Untersuchungsauftrag aufgenommen: Der Fall des rechtskräftig verurteilten Michael Pape soll beleuchtet werden. Pape hatte als Leiter der Altonaer Jugendarbeit sein Privathaus von den zu betreuenden Jugendlichen renovieren lassen. Damals war Zuckerer Chef der SPD-Altona. Theoretisch könnte die CDU Zuckerer in den Zeugenstand rufen – eine mißliche Situation.

Die Genossin Barbara Duden würde gern dem Ausschuß vorsitzen und hat sich bereits selbst ins Gespräch gebracht, gilt aber als zu blaß. Obwohl die Bücherhallen-Bibliothekarin Mitglied des PUA Polizei in der vergangenen Legislaturperiode war, hat sie sich nicht besonders profilieren können. Die Fäden in der Hand zu behalten und Beschuldigte mit Fragen weichzuklopfen wird ihr nicht zugetraut.

Der Abgeordnete Rüdiger Schulz aus Harburg gilt hingegen als kompetent und geeignet. Doch er ist SPD-Geschaftsführer seines Kreises. Ein Parteifunktionär als Cheffahnder in eigener Sache? Das geht nicht, finden sogar viele GenossInnen. Schulz müßte sich schon einen anderen Job suchen (vielleicht hat Bausenator Eugen Wagner noch einen bei der SAGA?).

Der Jurist Rolf-Dieter Klooß wäre eine gute Wahl, heißt es in SPD-Kreisen. Er ist zwar neu in der Bürgerschaft, hat jedoch jahrelang Erfahrungen in der Bezirkspolitik gesammelt. Doch bedauerlicherweise arbeitet Klooß in der Rechtsanwaltskanzlei von Gerd Gustav Weiland, dem Filz-Fall schlechthin. Genosse Weiland, der langjährige Vorsitzende des Haushaltsausschusses der Bürgerschaft, mußte sich Anfang der 90er wegen undurchsichtiger Subventionen an die Hamburger Stahlwerke, deren Geschäftsführer er war, aus Bürgerschaft und Politik verabschieden. Klooß war es übrigens, der die umstrittenen Immobilien-Rückkäufe für den HSV abwickelte.

Kurz und gut: Angesichts der Bewerbungslage sollte man vielleicht doch zum Ausgangspunkt des Untersuchungsausschusses zurücckommen, zum Fall der zurückgetretenen Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel. Denn wenn die SPD sich schon federführend selbst untersucht, warum sollte es eigentlich nicht Fischer-Menzel tun? Fahndungsleitlinie: Von Filz verstehen wir mehr, gerade in schwierigen Zeiten.

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