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Umzug von "Forsthaus Falkenau"Vom Fernsehen verlassen

Nach über 20 Jahren im niederbayerischen "Küblach" zieht das "Forsthaus Falkenau" nach Oberbayern – für den Drehort Ortenburg ein Verlust. Ein Abschiedsbesuch.

Werden erstmal nicht recyclt: Die Schauspieler Hardy Krüger jun. als Förster Stefan Leitner und Gisa Zach als Freundin Marie. Bild: dpa

Die Tourist Info von Markt Ortenburg ist kaum größer als eine Eckkneipe, ein Tresen füllt die Hälfte des Raums. Inge Sickinger muss sich strecken. Prospekte und Hochglanzbroschüren türmen sich auf dem Tisch, Stapel an Stapel, wie in einem Zeitschriftenladen. Doch Frau Sickinger verkauft nichts, sie macht Werbung.

Inge Sickinger, freundliches Gesicht und gepflegtes Bairisch, leitet seit Jahren das Touristenbüro in Markt Ortenburg, Landkreis Passau, 7.000 Einwohner, grüne Hügel, Wiesen, Kühe, Kopfsteinpflaster. Es gibt ein Schloss, einen Wildpark und Wanderwege, Sickinger gibt Tipps, und wenn ein Tourist fragt, erzählt sie, wie es war, als Ortenburg ins Fernsehen kam.

Die Prospekte und die Broschüren reichen dafür nicht, Inge Sickinger streckt sich also und fischt aus dem Regal hinter sich einen Ordner. Vier Finger hoch türmen sich darin Zeitungsartikel, Fotos von lachenden Menschen, Frauen im Dirndl, Fernsehkameras. Inge Sickinger hat sie gesammelt, in Klarsichtfolien gesteckt, geordnet und beschriftet, ein Album mit Erinnerungen und Beweisen: Niemand soll vergessen, dass Ortenburg ein Teil vom "Forsthaus Falkenau" war.

Alte Kulisse

Von 1997 bis 2010 diente der Ort als Kulisse für die Vorabendidylle. Zwei- bis dreimal im Jahr kam ein Tross von Schauspielern und Technikern, rollte Kabel zwischen den mittelalterlichen Häusern aus, pflanzte Scheinwerfer aufs Kopfsteinpflaster und inszenierte das Leben eines Försters, so wie das ZDF sich das Leben eines Försters vorstellt.

Bild: taz

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Das "Forsthaus Falkenau" ist eine seiner erfolgreichsten Serien, seit mehr als 20 Jahren flimmert sie in deutsche Wohnzimmer, es gibt eine Baronin und Trachten, wilde Tiere, Wald und Wiesen. Eine Fernsehtraumwelt, schöner als die Wirklichkeit: Küblach, der Ort, in dem "Forsthaus Falkenau" spielt, ist eine Erfindung, gedreht wird, wo Bayern am schönsten ist. Ein Best-of der Region, und Ortenburg war mit dabei. Am Freitag ist damit Schluss, dann startet die 22. Staffel (19.25 Uhr), Förster Stefan Leitner wird umziehen - bye, bye, Küblach!

Ein neues Forsthaus, neue Gesichter, neue Landschaften: schön für die Zuschauer, schlecht für Ortenburg. Weil Serienfans die Idylle im TV nicht mehr reicht, fahren sie nach Tirol zum Bergdoktor, an die Ostsee zum Landarzt oder eben nach Bayern zum Förster. So hat eine Heimatserie die Welt nach Ortenburg gebracht, aus Deutschland, Holland und der Schweiz kamen die Fans, ganze Reisebusse voll. Sie suchten Küblach und fanden Wanderwege und den Wildpark, das Vorabendprogramm wurde zum Wirtschaftsfaktor. "Touristisch war das ein Highlight", sagt Inge Sickinger. "Schade, dass die weg sind."

Warum das nötig war, erklärt das ZDF im "Hotel am Platzl", Traditionsbetrieb in der Münchner Innenstadt, 4 Sterne Superior, Kronleuchter, Personal in Tracht, ein Teppich dimmt alle Geräusche. In der Weiß-Ferdl-Stube findet eine Pressekonferenz statt, es gibt Kaffee und Apfelstrudel, zwei Dutzend Journalisten sind gekommen, dazu der Cast von "Forsthaus Falkenau" und seine Produzenten. Die Schauspieler waren zu spät, so muss es sein, jetzt sitzt man sich gegenüber an langen Tischen, die Journalisten zücken Stift und Zettel, der Vortrag beginnt.

28 neue Folgen von "Forsthaus Falkenau" hat das ZDF drehen lassen, darum soll es heute gehen und natürlich um dem Umzug. "Es gibt Zeiten im Leben, in denen man alle Wege kennt und neue Herausforderungen sucht", sagt Klaus Bassiner, und die Journalisten nicken. Bassiner ist Leiter der Hauptredaktion Reihen und Serien, glattrasiert, akkurate Frisur, wäre er Schauspieler, er würde den Chefarzt spielen. Bassiner ist verantwortlich für Krimis und die Serien aus der Heile-Welt-Sparte des ZDF, den "Bergdoktor", den "Landarzt" und das "Forsthaus Falkenau".

Im April 1989 wurde die erste Folge ausgestrahlt, Schauspieler Christian Wolff spielte den Förster Martin Rombach, die Rolle machte ihn zum Star. Im Jahr 2005, nach 17 Staffeln voller Natur, Abenteuer und Liebesverwicklungen, stieg Wolff aus. Die Drehbuchschreiber ließen Rombach ein Reservat in Afrika erben, und Stefan Leitner, gespielt von Hardy Krüger jr., übernahm die Stelle in Küblach.

Der Wechsel brachte frisches Personal in die Serie, aber keinen frischen Wind, dem ZDF wurde der Küblacher-Kosmos zu eng. "Jeder Konflikt, jede Konstellation, die wir gespielt haben", sagt Serienchef Bassiner, "kam mir wie ein Déjà-vu vor." Auch das Paradies langweilt eben, wenn man immer nur dieselben Gesichter sieht.

"Es gibt kaum noch Familienserien, darum ist es wichtig, dass wir weitermachen", sagt Bassiner. Reality-Soaps, Krimis und Quizshows bedrohen das Vorabendidyll. Geht es verloren, verschwindet auch dessen Botschaft, fürchtet Bassiner: "Konflikte verbal lösen, gewaltfreie Geschichten erzählen, das sind alles Urbestandteile von ,Forsthaus Falkenau'." Noch stimmen die Quoten, die letzte Staffel sahen im Schnitt 4 Millionen Menschen, das entspricht einem Marktanteil von 14 Prozent. Der Umzug ist ein Update, damit auch weiterhin alles rund läuft.

Neue Kulisse

"Störzing" heißt der neue Ort, in dem Förster Stefan Leitner einen Naturpark aufbauen wird. Das Dorf soll am Ammersee liegen, auf einer Landkarte findet man es aber auch nicht. Das Forsthaus steht am Starnberger See, gedreht wird meist rund um München, das Best-of-Bayern-Prinzip geht weiter. Es gibt einen neuen Vorspann, neue Musik, neue Darsteller, gleichzeitig verschwinden über ein Dutzend Figuren aus der Serie. "Natürlich sind die Schauspieler traurig", sagt Bassiner, "aber wir können nicht langweilige Geschichten erzählen, um den Leuten einen Gefallen zu tun". Wer die heile Welt retten will, muss Opfer bringen.

In der Tourist Info von Markt Ortenburg beugt sich ein Rentnerpärchen von der Seite über Inge Sickingers Ordner. "Mit unserer Wahl für Ortenburg als Forsthaus Küblach haben wir das große Los gezogen, und ich danke für die Gastfreundschaft", hat Christian Wolff geschrieben, der erste Förster. 2004 war das, jetzt fragt die Rentnerin, ob hier "Forsthaus Falkenau" gedreht wurde. Inge Sickinger strahlt.

Drei Türen weiter sitzt Reinhold Hoenicka in einem Besprechungszimmer, ein Tisch, Topfpflanzen, Aktenordner. 16 Jahre hat Hoenicka Ortenburg regiert, kein Politiker mit Anzug und Krawatte, ein Machertyp. Wenn er über die Gemeinde spricht, klingt es, als meine er seine Firma, jetzt ist ein anderer Chef hier, durch das Rathaus geht Hoenicka aber immer noch, als wäre es seins.

Wenn das Forsthaus in Ortenburg gedreht wurde, half Hoenicka, organisierte eine Kuhherde und Statisten, einmal spielte er selbst mit. Wenn das Drehteam kam, wurde die griechische Taverne Akropolis in den Gasthof zum Ochsen verwandelt und ans Rathaus das Wappen von Küblach geschraubt. "Wenn man so etwas macht", sagt Hoenicka, "muss man kooperativ sein." Kam Küblach nach Ortenburg, ordnete man sich unter, half mit und nach, wohl in der Hoffnung, dass die Traumwelt ein wenig auf die Realität abfärbt.

Zur besten Sendezeit hat das "Forsthaus Falkenau" Werbung für Ortenburg gemacht, kostenlos, jahrelang. Die Gemeinde wirbt immer noch mit der Serie, auf ihrer Homepage und in Broschüren. "Die Nachhaltigkeit hält noch an", sagt Reinhold Hoenicka, "wir leben von der Nostalgie."

Doch auch die heile Welt bleibt nicht stehen. Das Rathaus, das Kopfsteinpflaster und die alten Häuser wird es weiter geben, Küblach aber wird irgendwann vergessen sein, die Touristen müssen Ortenburg ohne ihr Vorabendprogramm finden. Vielleicht werden die alten Folgen irgendwann wiederholt, dann würde Küblach auferstehen.

Verlässt man Ortenburg, kommt man an Dorfläden vorbei, an einem alten Brunnen und üppigen Blumenbeeten. Ein paar Meter weiter steht ein Schild, das Richtung Ortsausgang weist: "Recyclinghof" steht darauf.

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6 Kommentare

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  • U
    Urbahn

    Ich bin auch ein Fan von Michael Wolff. Er war der beste Förster. Seit er nicht mehr da ist, finde ich die Serie nicht mehr so Interessant.

    Peter , Markus , Florian Rombach gehôren zu Martin Rombach.

    Ich habe die Staffel bis Martin Rombach auf hört! Schade für die Serie, den jetzt finde ich sie nicht mehr interessant .

  • GR
    Günter Reindl

    Ich verstehe gar nicht, warum dem alten Forsthaus Falkenau so nachgetrauert wird.

    Auf Heimatkanal hatte ich mir mal zwei Folgen mit Christian Wolf angesehen. Die waren dermaßen langweilig. Für mich strahlte Christian Wolf nicht Ruhe aus, sondern extreme Schlafmützigkeit: Schlaftablettenfernsehen.

    Da sind die neuen Folgen mit Hardy Krüger jun., Gisa Zach etc. um einiges interessanter und lebhafter.

  • M
    Markus

    Die Serie hat definitiv mit der 17. Staffel aufgehört als Christian Wolff gegangen ist, so eine Präsenz und Ruhe wie er kann kein anderer ausstrahlen.

  • M
    M.Butz

    Ich sehe seit der 1.Sendung Forsthaus Falkenau und kann es nicht verstehen, wenn eine Sendung so viele Jahre läuft - mit Erfolg läuft - wieso man das alles ändern muss. Gestört hat mich schon, dass der "neue Förster" in ein anderes Haus gezogen ist. Was ist mit dem alten Forsthaus passiert? Wo sind die Schlossbewohner? usw. Dann als weitere Enttäuschung verlegt man den Schauplatz auch noch in eine ganz andere Gegend. Was ist mit den Kindern von Rombach? usw. Ich muss gestehen, dass ich die Sendung nicht mehr regelmäßig schaue. Obwohl die Besetzung durch Herrn Krüger jun. sehr gut gewählt ist.

    M.f.G

    M.Butz

  • RA
    Rüdiger Andres

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    Es wird immer bekloppter! Und das wollen die Fans sehen? Sehen, wie ältere Leute durchweg als Deppen dargestellt werden? Allein der Förstervater produziert so viel Unsinn, dass man danach keine Alten mehr auf die Straße lassen dürfte. Andere Serien und Telenovelas lassen Gott sei Dank nur die Polizei als unfähig erscheinen. Auch der neue Drehort, hirnrissig. Dann die mittlerweile völlig unrealistische Darstellung eines Försters und seiner Braut, der Tierärztin. Auch Krebserkrankungen bei Tieren sind behandelbar und auch heilbar. vielleicht in diesem Falle nicht, aber sollen Tierhalter perse bei solcher Diagnose den Mut verlieren? Aufklärung wäre Thema bei einer heranwachsenden Generation von lila Küheverstehern. Gruß, der Bär

  • BN
    Brigitte Nowak

    Der neue Ort, das neue Forsthaus, ein richtiger Schmarrn. Küblach und Hardy Krüger jun. waren prima. Das Alte kannte ich nicht. Jetzt ist es ein seichtes Gesäusel und voll unrealistisch....unlogisch - und immer Sommer und der Bürgermeister ein Depp und Hardy Krüger ein Gschaftlhuber, eher unsympathisch jetzt. Meine Familie guckts schon nicht mehr...Schade schade.