Umweltverband steht zu Autokonzern: Treuer Partner von VW
Seit 15 Jahren bekommt der Naturschutzbund viel Geld von Volkswagen. Und trotz des Abgasskandals bleibt diese Kooperation erstmal bestehen.
Für einen Umweltverband sind es erstaunlich werbende Worte: „Volkswagen hat verstanden, dass der Umweltschutz Innovationen fördert“, sagte Olaf Tschimpke, Präsident des Naturschutzbundes (Nabu), im letzten Jahr nach einem Treffen mit VW-Chef Martin Winterkorn.
Verständlich ist dies Lob vor dem Hintergrund, dass der größte Autokonzern und der zweitgrößte Umweltverband des Landes seit 15 Jahren eine offizielle Kooperation unterhalten. Unter der Präsidentschaft des 60-jährigen Geografen Tschimpke, der den Nabu seit 2003 als hauptamtlicher Präsident führt, wurde diese Zusammenarbeit immer weiter ausgebaut.
Neben gemeinsamen Spritspartrainings und Veranstaltungen zur Verkehrspolitik finanziert Volkswagen inzwischen auch Nabu-Kampagnen zum Wolf- und zum Moorschutz. Im Rahmen der Kooperation zahlte der Großkonzern im vergangenen Jahr 530.000 Euro an den Umweltverband; dazu kommen zweckgebundene Spenden für einzelne Naturschutzprojekte.
Von Beginn an war diese Zusammenarbeit nicht unumstritten. Nabu würde sich keinesfalls für „Greenwashing“ hergeben, verteidigt sich Tschimpkes Verband in einem Infoblatt zur Kooperation. Man prüfe „Unternehmenspartner sehr streng darauf, ob Umweltstandards eingehalten werden oder nicht“.
„Auch andere Hersteller manipulieren“
Diese Prüfung müsste bei VW inzwischen eigentlich eindeutig ausfallen: Das Unternehmen hat schließlich eingeräumt, mit manipulierter Software gegen Umweltgesetze verstoßen und die Behörden belogen zu haben. Trotzdem steht der Nabu weiterhin zu seinem Partner. In einer ersten Presseerklärung forderte der Verband von Volkswagen lediglich eine „lückenlose und schnelle Aufklärung“ – und fügte relativierend hinzu: „Es ist naheliegend, dass neben VW auch andere Hersteller manipulieren.“
Mittlerweile hat Tschimpke weitere Forderungen nach Wolfsburg übermittelt, zu denen die Einführung eines Nachhaltigkeitsmanagements und Maßnahmen zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes gehören. „Von der Reaktion auf diese Forderungen an den VW-Vorstand machen wir abhängig, ob die Zusammenarbeit mit Volkswagen überhaupt eine Zukunft hat“, sagte Tschimpke der taz.
Klarere Worte findet der heutige Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth, der als Tschimpkes direkter Amtsvorgänger die Zusammenarbeit mit VW einst eingeleitet hatte. Zwar will er seinem Verband öffentlich keinen Rat erteilen, doch sein Urteil über das Vorgehen von VW steht fest: Es handele sich um einen Fall von „eklatanter Verbrauchertäuschung und Umweltschädigung“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen