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Umweltbundesamt zu StickoxidbelastungDiesel stinken weiter in 57 Städten

Die Werte für Stickstoffdioxid sind vielerorts nach wie vor weit höher als erlaubt. Es gibt 15 „Intensivstädte“, hat das Umweltbundesamt gemessen.

Spitzenreiter Stuttgart: Hier ist die Belastung am höchsten Foto: dpa

Berlin taz/dpa | Im vierten Jahr nach Beginn des Dieselskandals ist die Luftverschmutzung durch Stickoxide immer noch in 57 Städten höher als erlaubt. Der EU-Grenzwert für gesundheitsschädliches Stickstoffdioxid (NO2) war damit in acht Städten weniger überschritten als noch im Jahr zuvor, wie eine Auswertung des Umweltbundesamtes (UBA) zeigt. Im Mittel lagen die Jahresmittelwerte an verkehrsnahen Messstationen rund 1,5 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft unter denen des Jahres 2017.

Der Trend gehe in die richtige Richtung, aber die bisherigen Maßnahmen für saubere Luft reichten nicht aus, teilte UBA-Präsidentin Maria Krautzberger am Montag mit. Nötig sei eine schnelle Nachrüstung älterer Dieselautos mit wirksamen Katalysatoren, um den EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel überall einzuhalten.

Der Trend ist insgesamt rückläufig. 2016 hatten noch 90 Städte in Deutschland den EU-Grenzwert überschritten. Stickoxide – kurz NOx – reizen Augen und Atemwege und gefährden vor allem Menschen in Ballungsgebieten, in vielen Städten sorgen sie für schlechte Luft. Stickstoffdioxid gehört zu den Stickoxiden.

Überhöhte NO2-Werte sind der Grund für Fahrverbote für ältere Diesel in Stuttgart, Hamburg und Darmstadt. Andere Städte – etwa Berlin – könnten folgen. In Berlin gibt es in der Leipziger Straße, die laut den UBA-Daten mit 59 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft N02 bundesweit Platz 5 erreicht, seit vergangenem Jahr eine Tempobegrenzung auf 30 Stundenkilometer.

DUH hatte Einschränkungen vor Gericht erzwungen

Die Stickstoffdioxidkonzentration sei bereits um 23 Prozent gesunken, sagte Jan Thomsen, Sprecher der Berliner Umweltverwaltung der Berliner Morgenpost. „Aber welchen Anteil Tempo 30 daran hat, das ist nun genau noch herauszufinden.“

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte die Einschränkungen vor Gericht erzwungen, es laufen noch Verfahren. NO2 in Städten stammt zu einem großen Teil aus Dieselabgasen. Die höchste Belastung 2018 hatte Stuttgart mit 71 Mikrogramm vor Darmstadt mit 67 und München mit 66 Mikrogramm.

In 13 Städten, die 2017 im Jahresmittel noch über dem Grenzwert lagen, wurde dieser nun eingehalten. Dafür rutschten aber fünf Städte zurück in den problematischen Bereich, wie das UBA mitteilte: Leipzig, Ulm, Koblenz, Eschweiler in Nordrhein-Westfalen sowie Sindelfingen bei Stuttgart.

Wie schon im Vorjahr lag die Belastung auch 2018 in 15 Städten bei mehr als 50 Mikrogramm. Sie gelten als „Intensivstädte“, für die es besondere Hilfen gibt. Dortmund und Berlin sind neu dabei, Backnang (Baden-Württemberg) und Bochum liegen nun unter der Marke bei 49 beziehungsweise 48 Mikrogramm.

Wenn eine Stadt den Grenzwert überschreitet, bedeutet das nicht, dass die Luft überall schlecht ist. Es zählt die Messstation mit dem höchsten Jahresmittelwert. Die Europäische Union hat Deutschland und fünf andere Staaten vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt, weil die Grenzwerte nicht eingehalten werden.

Viele Faktoren verantwortlich

Bereits Ende Januar hatte das UBA auf Basis erster Daten mitgeteilt, dass die Belastung zurückgehe als Folge von Tempolimits, Verkehrsbeschränkungen, mehr neuen Autos, Software-Updates zur besseren Abgasreinigung bei älteren Diesel, aber auch wegen des Wetters. Was wie viel zur Minderung beigetragen hat, lasse sich allein anhand der Messdaten nicht bestimmen, hieß es damals.

Die Bundesregierung versucht, mit Förderprogrammen und Updates der Motorsoftware älterer Dieselautos die NO2-Belastung zu senken. Zudem sollen Autobesitzer mit Prämien zum Kauf saubererer Wagen bewegt werden.

Für Nachrüstungen der Abgasreinigung direkt am Motor hat die große Koalition die rechtlichen Grundlagen gelegt, sie sind an Pkws aber noch nicht angelaufen. Nachrüstunternehmen hätten erste Anträge auch für Pkws gestellt, sagte UBA-Präsidentin Krautzberger. „Nun kommt es darauf an, dass der Genehmigungsprozess rasch durchlaufen wird.“ Alle Autobauer seien dazu aufgerufen, „die Nachrüstunternehmen technisch und die Kunden beim Kauf der Systeme finanziell zu unterstützen“.

Das UBA bekommt die NO2-Daten von den Umweltbehörden der Länder geliefert, die für die Messungen zuständig sind. Im November hatte das Bundesumweltministerium angekündigt, über den TÜV die Standorte der Stationen prüfen zu lassen. Diese Checks seien inzwischen abgeschlossen, sagte eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Der Bericht werde voraussichtlich noch im Juni vorgestellt. Die EU-Richtlinie zum Aufstellen der Messstationen gibt einen gewissen Spielraum. Kritiker sind der Meinung, in Deutschland werde zu streng gemessen.

Bei Feinstaub (MP10) wurde der Grenzwert 2018 nur an einer industrienahen Messstation überschritten. Dennoch sei die Belastung zu hoch und ein Risiko für die Gesundheit, teilte das UBA mit. Wenn man die strengeren Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Maßstab nehme, werde an 78 Prozent aller 374 Messstellen zu viel Feinstaub gemessen. Betroffen seien auch Kleinstädte und ländliche Gebiete. An 35 Tagen im Jahr darf die Belastung bei mehr als 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen, die WHO empfiehlt aber nur maximal drei Tage mit Werten oberhalb von 50 Mikrogramm.

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2 Kommentare

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  • Gerade wenn man sich den Vergleich antut.. Stadt-Land... dann ist doch klar, wo man besser (gesünder) wohnt, zumindest in diesem Fall. MeckPomm, endlose Weiten sauberer Luft... und ausgerechnet da dürfen die Nazis wohnen! (siehe anderer Artikel).

    Meinem Vorredner gebe ich recht. Es sind ALLE Großstädte. Nord-West-Niedersachsen: Superluft, außer Oldenburg, tiefrot auf der Karte des Umweltbundesamtes. Da wollen alle wohnen?! Warum?!

  • Diese ewige Diskussion um Grenzwerte und das technokratische Herumdoktorn an Motoren zur Erreichung "sauberer Autos". Hier ein bisschen Dieselfahrverbot, dort ein bisschen Messstationen aufbauen.



    Wann wacht endlich Politik, Wirtschaft und Verbraucher auf, daß man ein gigantisches Problem wie den städtischen Verkehrsinfarkt so nicht lösen kann.



    Die wirklich wirksame Lösung ist: Autos raus aus der Stadt. Kopenhagen, Oslo, Amsterdam machen es vor. Und Feinstaub kommt nicht nur aus Dieselmotoren, sondern auch aus Benzinern. Als Hamburger wird man zudem von den Schweröldreckschleudern Containerschiffe und immer mehr Kreuzfahrtschiffen vollgestänkert.



    Auf keinem Gebiet wird konsequent gehandelt.



    Stattdessen stellen sich verantwortliche Politiker, Autobauer und Konsumenten schon unter die Schulterklopfmaschiene, wenn durch aufwändige und teure technische Rafininessen ein paar Gramm Feinstaub eingespart wird. Fußgänger und Radfahrer dürfen weiter husten und um ihre Gesundheit fürchten.