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Umweltbelastung durch StreamingDas schwarze Loch

Ein Besuch der weltgrößten TV- und Streaming-Messe Mipcomin Cannes wirft die Frage auf: Was kostet Streaming eigentlich die Umwelt?

Das Festival-Zentrum der Mipcom in Cannes Foto: Mandoga Media/imago

Das Internet ist inzwischen einer der wichtigsten Ausspielwege für Medieninhalte. Das wird aktuell auch auf der weltgrößten TV- und Streamingmesse Mipcom in Cannes deutlich. Innerhalb der letzten zwei Jahre beispielsweise sind Tausende von Fast-Channels entstanden – das sind kostenlose, werbefinanzierte Fernsehsender, die über Streaming verbreitet werden. Und gestreamt wird sowieso mehr als je zuvor.

Mit rund sechs Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxyd-Emissionen hinterlassen die 50.000 Rechenzentren in Deutschland einen doppelt so hohen Fußabdruck wie der innerdeutsche Flugverkehr.

Zhonghuai Sun, Geschäftsführer einer der größten Videoplattformen der Welt – Tencent aus China -, verkündete an der Côte d’Azur stolz, dass über 440 Millionen Nutzerinnen und Nutzer monatlich allein über mobile Endgeräte die Bewegtbildinhalte seines Angebots abrufen. In Deutschland indessen schauen 73 Millionen Menschen täglich über eine Stunde Filme oder Videos im Netz, so eine Untersuchung von ARD und ZDF.

Aber welche Emissionen werden dadurch verursacht? Glaubt man den großen Streamern oder Telkos, ist der Kohlendioxidausstoß gering. Genaue, aktuelle Zahlen liegen aber kaum vor. Und die, die es gibt, kommen zu deutlich unterschiedlichen Ergebnissen: Die Bandbreite liegt zwischen 36 und 440 Gramm CO₂ pro Stunde Online-Videokonsum.

Erst letzte Woche hat ein holländischer Doktorrand verkündet, dass zukünftig nur allein die KI von Google so viel Strom verbrauchen könnte wie ein Land in der Größe Irlands oder der Niederlande.

Eine Untersuchung der englischen Organisation Carbon Trust, die unter anderem von Netflix finanziert wurde, kam jedenfalls vor über zwei Jahren zu dem positiven Ergebnis, dass 60 Minuten Streaming in Europa ungefähr nur 55 Gramm Kohlenstoffdioxid verursachen – so viel wie dreimal in der Stunde einen Wasserkocher benutzen. Das ist seitdem so eine Art Benchmark.

Aber schon die Auswahl der Parameter, mit denen solche Daten berechnet werden, ist kompliziert und nicht einheitlich. Selbst wenn übergreifend gilt, dass Rechenzentren, Edge-Server, der Übermittlungsweg, die Router zu Hause, die Peripherie der Endgeräte und die Endgeräte selbst betrachtet werden müssen, gibt es noch viele weitere Details, die eine Rolle spielen.

Bei der Carbon Trust Studie etwa seien die in Rechenzentren eingesetzten Kältemittel in dieser Berechnung nicht berücksichtigt worden. Das bemängelt beispielsweise die Initiatorin des Green Film Shooting Projekts, Birgit Heidsiek. Zum Energiebedarf für die Kühlung, der in Rechenzentren zwischen 35 und 50 Prozent liegt, kämen noch klimaschädliche Kältemittel hinzu, die durch Wartung oder Leckagen aus den Klimaanlagen austreten.

Mit rund sechs Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid-Emissionen hinterlassen die 50.000 Rechenzentren in Deutschland einen doppelt so hohen Fußabdruck wie der innerdeutsche Flugverkehr. In Frankfurt verbrauchten die dort ansässigen Datencenter rund ein Fünftel des gesamten Stroms der Stadt und produzierten so viel Wärme, dass sich theoretisch sämtliche Wohnungen und Büros der Stadt Frankfurt damit beheizen ließen.

Die verschiedenen Studien, Untersuchungen sowie Berechnungen mögen für sich genommen plausibel sein, aber eine Übersicht zu den verschiedenen Anwendungsfällen fehlt. „Es ist beispielsweise etwas völlig anderes, wenn ich ein Video bei Netflix streame oder ich ein Video aufnehme und es in sozialen Netzwerken hochlade und dann teile“, so Christian Herglotz vom Department Elektrotechnik-Elektronik-Informationstechnik an der Friedrich-Alexander Universität in Erlangen. Bei Ersterem werde der Großteil der Energie bei den Endgeräten verbraucht, bei Letzterem in den Datencentern. „Insbesondere der Bereich der sozialen Netze wurde noch gar nicht ernsthaft untersucht“, betont der Wissenschaftler.

Welche Emissionen tatsächlich durch Medienkonsum entstehen, liegt damit letztlich im Dunkeln: keine aktuellen Zahlen, keine einheitliche Miteinbeziehung aller wichtigen Parameter. So kommt nicht nur Herglotz zum Schluss, dass es „aufgrund der Datenlage“ gut wäre, „wenn es wieder eine aktuelle Untersuchung geben würde“. Und auch diese müssten kontinuierlich fortgeführt werden. Zwar werden eine immer effizientere Datenübertragung sowie sparsamere Endgeräte immer weniger Energie verbrauchen, aber die Zahl derer, die das Internet nutzen, wird sich weiterhin erhöhen. Schon jetzt sollen es fünf Milliarden sein.

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