Umsatzminus bei Deutscher Bahn: Ausgebremst
Fehlende Strecken, zahlreiche Umwege und noch Flut und Flaute. Die Bilanz der Deutschen Bahn ist verhagelt. Mehr Spaß haben da die Chinesen.
BERLIN dpa/taz | In diesem Jahr wird‘s nichts mehr bei der Deutschen Bahn. Am Donnerstag veröffentlichte der staatseigene Konzern seine Halbjahreszahlen: Umsatz minus 0,6 Prozent auf 19,4 Prozent, der Gewinn sank nach Abzug von Steuern und Zinsen um 29 Prozent auf 554 Millionen Euro. Besser soll es auch bis zum Ende des Jahres nicht mehr werden: „Die bisherigen Rahmenbedingungen stimmen uns nur begrenzt optimistisch“, sagte Bahnchef Rüdiger Grube in Berlin.
Schuld sind, so die Bahn, das geringe Wirtschaftswachstum, das den Güterverkehr um 4,4 Prozent einknicken ließ. Dazu kommen Zugumleitungen wegen des Hochwassers an der Elbe – trotzdem stieg der Umsatz im Fernverkehr um 0,2 Prozent.
Der lange Winter führte zu Wartungskosten in Millionen-Höhe. Die Folgen des Hochwassers im Mai und Juni sind noch nicht abzusehen. Die Strecke zwischen Berlin und Hannover ist seitdem unterbrochen. Zahlreiche Züge müssen Umwege fahren, die Fahrtzeit ist mindestens 30 bis 60 Minuten länger.
Zu schaffen machen der Bahn auch fehlende Züge: Siemens liefert 16 ICE3-Züge erst im Frühjahr 2014, jetzt fehlen sie für den Winter. Zudem hat das Eisenbahnbundesamt neue, robuste Achsen für die bereits eingesetzten ICE3 noch nicht zugelassen, die Züge müssen ständig in die Wartungshallen.
Deutsche Bahn drosselt Investitionen
Als Konsequenz will die Bahn die Investitionen zurückfahren – laut dem Lobbyverband Allianz pro Schiene genau der falsche Weg. Er rechnete kürzlich aus, wie viel Geld verschiedene Staaten im Jahr pro Einwohner in die Schiene stecken: In der Schweiz sind es 349 Euro, in Großbritannien 110 Euro, in Deutschland gerade mal 51 Euro. Nur Spanien, das tief in einer Rezession steckt, investiert weniger. „Die Politik muss für eine sinnvolle Infrastruktur sorgen und für weniger Stuttgart 21“, kritisierte Vizechef Karl-Peter Naumann.
Anders die Politik in China: Dort will die Regierung die Wirtschaft zum Wachsen animieren, indem sie den Bahnsektor für privates Kapital öffnet, wie Staatsmedien am Donnerstag berichteten. Umgerechnet 85 Milliarden Euro sollen 2013 in die Branche fließen. „Um wohlhabend zu werden, müssen erst Wege gebaut werden, besonders Bahnstrecken“, wurde Premier Li Keqiang zitiert. Der Ausbau des Bahnnetzes fördere die Urbanisierung, stabilisiere das Wachstum und verbessere das Wohlergehen der Menschen.
Experten überrascht die Reform der chinesischen Bahn nicht. Aufgrund des rasanten Zubaus an neuen Strecken drücken den Sektor 345 Milliarden Euro Schulden. Dagegen sieht die Deutsche Bahn wie ein Musterschüler aus: Hier sind es gerade mal 17 Milliarden Euro.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen