Umgang mit der AfD: Nicht normal
Ausschuss-Vorsitze für die AfD? Die Frage ist überflüssig bei einem Blick auf das parlamentarische Treiben der AfD in der Vergangenheit.
I st es wirklich eine gute Idee, die AfD wie eine normale Oppositionspartei zu behandeln und ihr Ausschussvorsitze im Bundestag zu geben, wie Jens Spahn und andere AfD-Normalisierer in der Union es vorschlagen? Um diese Frage zu beantworten, reichen Praxisbeispiele, die zeigen, was passiert, wenn eine rechtsextreme Partei diese Posten stellt.
Kurz zum Rekapitulieren für „Rechtskonservative“ mit kurzer Erinnerungsspanne: Am 13. November 2019 wurde der AfD-Politiker Stephan Brandner als Vorsitzender des Rechtsausschusses abgewählt, weil er mit diversen Tweets seine überparteiliche Funktion ad absurdum geführt hatte. Unter anderem hatte er nach dem antisemitischen Anschlag von Halle einen Beitrag geteilt, in dem es hieß: „Warum lungern Politiker mit Kerzen in Moscheen und Synagogen rum?“ – die Opfer seien ja Deutsche.
Fall zwei: Der sächsische CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer hat Spahns Normalisierungsvorstoß ja prominent unterstützt. Gerade er müsste es eigentlich besser wissen. AfD-nahe rechte Mobs demonstrierten schon mehrfach vor seinem Privathaus. Dennoch hat die sächsische CDU im Landtag von Sachsen Ausschussvorsitzende der AfD mitgewählt. Ergebnis: Ende März wurde der AfD-Ausschussvorsitzende Alexander Wiesner wieder abgewählt. In dessen Wahlkreisbüro arbeitete der wegen Rechtsterrorverdachts festgenommene AfD-Stadtrat Kurt Hättasch von den Sächsischen Separatisten, die mutmaßlich planten, Gebiete Sachsens zu erobern, um ein nationalsozialistisches Regime aufzubauen.
Und Fall drei: Im EU-Parlament soll ein Mitarbeiter von Maximilian Krah im Handelsausschuss für China spioniert haben. Er soll dabei auf sensible Daten zugegriffen haben. Der langjährige Krah-Vertraute sitzt mittlerweile wegen Spionageverdachts im Knast, Krah wiederum im Bundestag. Zu solchen sensiblen Daten hätte auch ein Ausschussvorsitzender direkten Zugang.

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums. Gelebte Debattenvielfalt.
Die AfD-Verbindungen ins autokratische Russland sind ohnehin notorisch gut: Abgeordnete treten im russischen Staatsfernsehen auf, nehmen Professuren in Russland an und lassen sich dort auf Auslandsreisen wie Staatsgäste hofieren. Der sächsische AfD-Abgeordnete Jörg Dornau ließ auf seiner Zwiebelfarm in Belarus gar politische Häftlinge arbeiten.
All das zeigt: Die AfD ist keine normale Oppositionspartei – man sollte sie also nicht wie eine solche behandeln. Als Opfer inszeniert sie sich sowieso. Die Fälle zeigen aber: Ihre Abgeordneten hält man am besten so weit wie möglich von sensiblen Positionen in sämtlichen Ausschüssen fern – vor allem aber von sicherheitspolitisch relevanten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tödlicher Polizeieinsatz in Oldenburg
Drei Schüsse von hinten
Zugesagte Aufnahme von Afghan*innen
Erneut verraten
Kampf gegen die Erderhitzung
In Europa macht sich der Klima-Fatalismus breit
Konsum von Geflügelfleisch
Der Chickenboom ist gefährlich für Mensch und Tier
Mindestlohn-Debatte in Koalition
15 Euro, wenn nötig per Gesetz
Bewegungstermine in Berlin
Deutschland, ein Ego-Albtraum