Umgang mit den Deportationsfantasien: „Remigrier dich selber, aefde!“
Was tun, wenn in den Nachrichten nur noch über die AfD und ausländerfeindliche Übergriffe geredet wird? Da gibt es einen ganz einfachen Trick.
I ch habe einen Riesenkohldampf und gehe zum Imbiss Ankara-Döner. Das Essen dort ist schlecht, aber dafür laufen bei denen im großen Fernseher an der Wand den ganzen Tag nichts als türkische Musikvideos. Meistens ohne Ton. In dem Fall ist die Idylle perfekt.
Heute leider nicht. Der Ton ist zwar nicht da, aber dafür kommt mein geschwätziger Kumpel Nedim zu mir an den Tisch.
„Guten Abend, Osman. Wie ich schon vermutet habe, seitdem die AfD uns alle remigrieren will, ist alles viel schlimmer geworden. In den Nachrichten nur noch AfD und ausländerfeindliche Übergriffe“, jammert er.
„Nedim, du bist wie die Sprecher der Nachrichten. Die sagen zuerst auch,Guten Abend' und erzählen danach nichts als hässliche Katastrophen, um mir den Abend zu vermiesen“, jammere ich zurück.
„Osman, ich kann nichts dafür. Seitdem die AfD Pläne ausgeheckt hat, uns zu remigrieren, sind die ausländerfeindlichen Übergriffe nun mal regelrecht explodiert.“
„Kann ich so nicht bestätigen“, schmatze ich und kaue weiter demonstrativ genüsslich an meinem Köfte mit Tomatensoße.
„Wie, du kannst das so nicht bestätigen? Sogar meine Tochter fragte mich heute:,Papa, wann werden wir denn deportiert?' Liest du keine Zeitungen mehr, oder was?“, fragt er erbost.
„Genau, Nedim. Du hast es erfasst. Ich sage einfach,Remigriert euch doch selbst' und fasse keine Zeitung mehr an. Seitdem geht es mir blendend. Würde ich dir auch empfehlen.“
„Was liest du denn stattdessen?“, fragt Nedim neugierig.
„Die Apotheken Umschau! Oder noch viel lieber die Medizini, die Apothekenzeitung für Kinder. Ist sehr informativ. In der heutigen Ausgabe steht zum Beispiel, wie man einen Drachen steigen lassen kann, wie man bunte Obstspieße macht oder die sehr spannende Frage, welches Tier höher springen kann als ein Kirchturm.“
„Aber im Fernsehen sieht man ja auch nichts anderes mehr. AfD, AfD, AfD! Ich bekomme jeden Tag üble Magenschmerzen.“
„Selber schuld, Nedim. Mein Fernseher zeigt so was Unappetitliches nicht mehr.“
„Echt? Dann verrate mir doch mal bitte, welche Programme du einschaltest?“
Gucken, was die Tochter auswählt
„Ich doch nicht. Meine kleine Tochter Hatice schaltet ein. Seitdem ich ihr die Fernbedienung überlassen habe, geht es uns bestens.“
„Aber was guckt ihr denn so den ganzen Tag?“, wundert er sich.
„Was Hatice guckt halt. Der kleine Nick, Pepper Wutz, der Zauber-Schrank, meine Freundin Connie. Die Eiskönigin Elsa kann ich dir sehr empfehlen.“
„Aber die Menschen auf der Straße reden den ganzen Tag ja auch über nichts anderes mehr, wie schlimm das mit der AfD geworden ist.“
„Nedim, mein Freund, diese Leute schalte ich ebenfalls ab“, lache ich.
„Ähm … wie schaltest du denn Menschen ab?“, stottert er verwundert.
„So!“, sage ich, stopfe ihm eine dicke Köfte in den Mund, nehme meine Jacke und gehe raus. „Leb wohl Nedim. Adiö.“
„Osman, verrate mir bitte noch, welches Tier höher springen kann als ein Kirchturm? Sonst kann ich nicht schlafen“, ruft er mir hinterher.
„Alle Tiere“, antworte ich. „Nedim, ein Kirchturm kann doch gar nicht springen.“
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