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Umgang mit Geflüchteten„Pushback“ wird Unwort des Jahres

Mit dem Ausdruck werde ein „menschenfeindlicher Prozess“ beschönigt, so die Jury. Der Begriff bezeichnet das Zurückdrängen Geflüchteter an der Grenze.

Platz 1 erreichte in diesem Jahr „Pushback“, dichtgefolgt von „Sprachpolizei“ auf Platz 2 Foto: Christian Mang

Marburg dpa | Das „Unwort des Jahres“ 2021 lautet „Pushback“. Der aus dem Englischen stammende Begriff bedeute zurückdrängen oder zurückschieben. Der Begriff wird im Zusammenhang mit möglichen illegalen Zurückweisungen von Schutzsuchenden an Grenzen verwendet. Die Jury kritisiere die Verwendung des Ausdrucks, „weil mit ihm ein menschenfeindlicher Prozess“ beschönigt werde.

Auf Platz zwei der „Unwörter“ setzte die Jury den Begriff „Sprachpolizei“. Damit würden Personen diffamiert, die sich unter anderem für einen angemessenen, gerechteren und nicht-diskriminierenden Sprachgebrauch einsetzten.

Die Jury wählte das „Unwort“ aus zahlreichen Vorschlägen aus, die Interessierte bis zum 31. Dezember eingereicht hatten. Insgesamt gab es rund 1300 Einsendungen mit 454 unterschiedlichen Begriffen, von denen knapp 45 den Kriterien entsprachen.

Die „Unwörter“ der Vorjahre waren in Darmstadt präsentiert worden. Für 2020 fiel die Wahl auf zwei Begriffe: „Rückführungspatenschaften“ und „Corona-Diktatur“. Mit einem Wechsel bei der Jury zog die Bekanntgabe nun an die Uni Marburg um.

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7 Kommentare

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  • @KE1NER

    Nein. Nur, dass Schäuble ("Welle", Sie erinnern sich) nicht gerade ein glaubwürdiger Kandidat in dieser Frage ist.

    Lübcke, ja. Merkel, teilweise (und teilweise wieder auch nicht). Aber nicht Schäuble.

    Die Parteizugehörigkeit ist mir da, ehrlich gesagt, wurscht.

    • @tomás zerolo:

      Aber persönliche Glaubwürdigkeit spielt doch gar keine Rolle mehr, wenn die Forderung öffentlich auf dem Tisch liegt!

      Der Vorschlag kommt aus der Union, er muss nur aufgegriffen werden, die Aufnahme der Geflüchteten kann in den kommenden Landtagswahlkämpfen nur noch von der AfD und vielleicht der CSU instrumentalisiert werden.

      "Wertegeleitete Politik" - die Grünen machen einen Riesenfehler, wenn sie diese Menschen irgendeinem Kalkül opfern, werden das nie wieder los werden.

      Und das ist auch richtig so: den "paar Leuten in der Kälte" geht es richtig dreckig - wer da nicht alle Hebel in Bewegung setzt, ist nicht besser als die Rechten!

  • @KE1NER

    Gewiss, da ist viel Kritik an den Grünen zu tun.

    Wenn Sie aber ausgerechnet mit /dem/ Schäuble um die Ecke kommen... ein Schelm, der böses denkt.

    • @tomás zerolo:

      Was für ein Argument soll das sein?

      Schäuble hat das gefordert, es handelt sich um einen führenden oder ehemals führenden Unionspolitiker, die CDU-Kanzlerin Merkel hat im einer vergleichbaren Situation - als Österreich von Ungarn "erpresst" wurde - für die Geflüchteten entschieden, der CDU-Landrat Lübcke wurde ermordet, die von u.a. CDU und Grünen unterstützte heutige Oberbürgermeisterin Reker fast, beide, weil sie die Flüchtlingspolitik Merkels vor Ort umgesetzt haben - was für ein Argument soll das also sein 'Schäuble - ein Schelm, wer Böses dabei denkt'?

      Er hat die Forderung öffentlich erhoben (festnagelbar), es ließe sich überparteilicher Konsens herstellen - aber nein, wenn's von dem kommt, wird besser aus dem Vorschlag nichts?

      Was Nouripour, Baerbock sich da leisten, war bisher Seehofer-Linie - jetzt klebt ein Schild drauf "Neue Außenpolitik (Werte, Menschenrechte)" - aber 'Vorsicht, Schäuble'?

      • @ke1ner:

        Jetzt verstehe ich erst, was Sie meinen: weil ich Schäubles Forderung zitiere, halten Sie mich für einen Parteigänger der CDU - und ab da geht's nicht mehr um die Geflüchteten, sondern wer in welche Schublade gehört, richtig?

        Kein Interesse meinerseits an derartigen Diskussionen, bedaure!

  • Der Zweck solcher Beschönigungen wie "Pushbacks" ist ja, Diskrepanzen zwischen Reden und Handeln zu kaschieren.

    In dieser Beziehung schlägt aber m.E. dieses Statement von Omid Nouripour, dem außenpolitischen Sprecher der Grünen, in der TAZ zu der Lage an der Grenze zu Polen dem Fass den Boden aus: „Die paar Leute, die jetzt in der Kälte stehen, die sind nicht das Problem. Das Problem ist der Erpressungsversuch.“ taz.de/Krise-an-be...r-Grenze/!5815401/ (Meldung vom 16.11.21)

    Am 18.11. stand im Tagesspiegel: "Ein einjähriges Kind aus Syrien ist in einem Wald in Polen an derbelarussischen Grenzegestorben, wie internationale Medien unter Berufung auf polnische Hilfskräfte am Donnerstag meldeten. [...]

    Der Präsident des EU-Parlaments, David Sassoli, äußerte sich erschüttert. Es sei „herzzerreißend, ein Kind in der Kälte an der Schwelle der EU sterben zu sehen“, schrieb der 65-jährige Familienvater auf Twitter. „Die Ausbeutung von Migranten und Asylsuchenden muss aufhören, die Unmenschlichkeit muss aufhören“, so Sassoli weiter. (KNA)

    m.tagesspiegel.de/...enze/27814544.html

    Außenministerin Baerbock hat gestern zum Tod Sassolis getwittert: "Wir werden seinen überzeugten Einsatz für den menschlichen Umgang mit Geflüchteten nicht vergessen"

    Bei den Grünen bleibt es aber offensichtlich bei folgenlosen Ermahnungen an die PiS-Regierung in Warschau, der aber ansonsten Solidarität zugesichert wird, obwohl "Pushbacks", Wasserwerfer bei Minustemperaturen, kein Zugang zur Grenze für Journalist:innen zum Himmel schreiendes Unrecht sind.

    Denn: „Die paar Leute, die jetzt in der Kälte stehen, die sind nicht das Problem" - dabei ist es offenbar geblieben - und.Nouripour soll demnächst Grünen-Co-Vorsitzender werden.

    Der Vorschlag Wolfgang Schäubles hingegen, auch vom November, den Geflüchteten in Deutschland Asylverfahren zu ermöglichen

    • @ke1ner:

      Vorschlag Wolfgang Schäubles hingegen, auch vom November, den Geflüchteten in Deutschland Asylverfahren zu ermöglichen, m.faz.net/aktuell/...-17639059.amp.html

      wird bei den Grünen noch nicht mal diskutiert, jedenfalls nicht erkennbar - was bleibt, sind nur die Label: 'werteorientiert', 'an den Menschenrechten orientiert' (die neue Außenpolitik)