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Umgang der AfD mit Björn HöckeAls Buße nur „Ordnungsmaßnahmen“

Co-Parteichefin Petry konnte sich offensichtlich nicht durchsetzen. Björn Höcke darf AfD-Mitglied bleiben. Das beschloss der Parteivorstand in einer Telefonkonferenz.

Nochmal davongekommen: Björn Höcke darf Parteimitglied bleiben Foto: imago/Jacob Schröter

Berlin dpa/afp | Der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke muss die Partei trotz seiner umstrittenen Äußerungen zum deutschen Geschichtsverständnis nicht verlassen. Das beschloss der AfD-Parteivorstand am Montag nach einer dreistündigen Telefonkonferenz. Wie aus Parteikreisen verlautete und auch die Bild-Zeitung und die ARD berichtete, warf der Vorstand Höcke aber parteischädigendes Verhalten vor.

Dem ARD-Bericht zufolge fand ein Parteiausschlussverfahren in dem Gremium keine Mehrheit. Der Sender MDR zitierte jedoch Petry mit den Worten: „Der Bundesvorstand stellt fest, dass die Äußerungen von Björn Höcke im Rahmen seiner ‚Dresdner Rede‘ vom 17. Januar 2017 dem Ansehen der Partei geschadet haben.“ Daher halte man es für erforderlich, parteiliche „Ordnungsmaßnahmen“ einzuleiten. Geprüft würden dabei alle rechtlichen und politischen Gesichtspunkte, die dabei zu bedenken seien.

Die Zeitungen B.Z. und Bild berichteten, der AfD-Vorstand habe sich mit zehn zu drei Stimmen für solche Ordnungsmaßnahmen gegen Höcke ausgesprochen.

Die Parteivorsitzende Frauke Petry hatte schon vergangene Woche erklärt, Höcke sei eine „Belastung für die Partei“. Am vergangenen Freitag hatte die AfD-Spitze den Angaben zufolge noch über einen möglichen Parteiausschluss von Höcke beraten.

Wie die taz berichtet hatte, wurde in einer internen Facebookgruppe der weit rechtsstehenden „Patriotischen Plattform“ von einer Abstimmung in der AfD-Vorstandssitzung gegen Höcke berichtet. „8:3“ soll das Votum am vergangenen Freitag zu dessen Ungunsten ausgefallen sein, steht in der Gruppe. Für Höcke hätten nur drei der schärfsten Gegner der Bundesvorsitzenden Frauke Petry gestimmt: ihre Ko-Vorsitzenden Jörg Meuthen sowie die Landeschefs von Sachsen-Anhalt und Brandenburg, Alexander Gauland und André Poggenburg.

Höcke gehört dem rechtsnationalen Flügel der AfD an. Er hatte am vergangenen Dienstag in Dresden, wo Petry die AfD-Landtagsfraktion leitet, eine Rede zum Thema Patriotismus gehalten. Darin forderte er eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“. Über das Holocaust-Mahnmal in Berlin sagte er: „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“

Laut einem im Internet kursierenden Video sprach er zudem von einer „dämlichen Bewältigungspolitik“ und forderte eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“. Diese Äußerungen waren auf massive Kritik gestoßen.

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9 Kommentare

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  • Vor allen Dingen machen die einen Medienklamauk daraus. Während sonst die GEZ-Medien sogar ausgesperrt wurden, bekamen sie schon die GEsprche über ein angeblich ernst gemeinetes Ausschlussverfahren gesteckt.

     

    Das ist nichts weiter als ein Schaupsiel, mit dem Menschen beruhigt werden solen, die sich erst dieser Partei nähern. Interne bei der AfD kennen sicherlich Leute wie Höcke schon von dessen Hitlergruß auf öffentlichen Veranstalungen. So geschehen ja bereits im Mai 2016.

     

    Und schon viel früher hätte der Budnesvorstand an soclhen Einstellungen massiven Anstoß nehmen können. Kritisiert wird Höcke aber jetzt nicht etwas, weil er diese Meinungen vertritt. Nein. In Augen der Partei scheint das einzige Signal auch an die Presse zu bleiben, er schade damit der Partei. Wohl weil diese dann Prozente verlieren könnte.

     

    Inhaltliche Distanzierungen der Partei von Höcke? Totale Fehlanzeige. Damit wissen wir doch, wo die Reise hingeht.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“

    Ignorieren und Vergessen, das wären 90 Grad.

    180-Grad- Wende, das heißt Verherrlichung des Holocaust. Ich hab das Video nicht gesehen, ist Höcke unter einer Hakenkreuzfahne aufgetreten?

    Leider ist die Medienlandschaft zu verartmt, geistig wie materiell, und kann es sich nicht leisten, solche bewußten Tabubrüche mit einer Strafanzeige zu beantworten und nicht nicht mit medialer Repräsentation zu belohnen.

    Ich fände es besser, in größeren Abständen umfangreichere Artikel mit mehr Zuammenhängen und Hintergrundinformationen zu lesen, anstatt daß der AfD Medienkanäle geöffnet werden, mit der sie jederzeit einen direkten Draht in die Öffentlichkeit haben, um ihre Widerlichkeiten zu verbreiten und ihr schmutziges Spiel mit dem medialen Tabubruch und der darauffolgenden Distanzierung zu spielen.

    Wie das Rechtspopulisten machen ist doch bekannt, ja erforscht. Trotzdem wird das Spiel mitgespielt, als würde man es nicht besser wissen.

    Das soll jetzt aber nicht die taz einseitig ins Kreuzfeuer nehmen, das ist ein generelles Problem von Medien im Kapitalismus. Denn wer nicht darüber berichtet, ist automatisch schon Außenseiter und eine Außenseitermeinung will die Masse (oder die Mitte) nicht hören.

  • "...Höcke sei eine „Belastung für die Partei“..."

     

    Die ganze Partei ist eine einzige Belastung.

  • Die Pressefotos mit dem Konterfei (sic!) von Björn Höcke sind KEINE Photoshop-Kreationen! Unser Problem: In der Schule hatte wir kein Unterrichtsfach was da hieß: "In Gesichtern lesen - und gewarnt sein". Auch Adi hatte glühende Verehrer, bes. Verehrerinnen.

    https://www.nzz.ch/international/rechtspopulistische-afd-ausschlussverfahren-wegen-holocaust-aeusserungen-ld.141269?reduced=true

  • Von vorn bis hinten durchinsziniert!

  • Nichts als gezielte Provokation um im medialen Focus zu bleiben. Die AfD hat diese Strategie für den Wahlkampf vorgesehen. Alles ist innerhalb der Parteispitze abgekartet.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Walter Gleichmann:

      So isses.

      Ohne Rechtsaußen Höcke fielen ja gleich ein paar Prozent Stimmen flach.

  • Diese „dämliche Bewältigungspolitik“ hat mir immer noch keine Klarheit verschafft, wo mein Vater (*1916) im Krieg war und was er dort "trieb". Zitat: "Als ich vom Polenfeldzug zurückkam, ging ich erst mal in Marburg ins Hallenbad. Dabei verlor ich mine teure Armbanduhr. Wer noch was verlor, nämlich tausendfach das Leben, das erzählte er nicht...

     

    Herr Höcke, wo war Ihr Großvater im Krieg?

  • Gut so. Eine Partei, welche solche Gestalten goutiert, entlarvt sich selbst.