Umbenennungen: Das ist keine Petitesse
Die Debatte um die Umbenennung der Beuth-Hochschule, die den Namen eines Antisemiten trägt, ähnelt der Diskussion über Straßennamen im Afrikanischen Viertel.
Es ist schon erstaunlich, was manche Menschen für Anstrengungen unternehmen, um nicht zu Rechtfertigendes doch zu rechtfertigen. Zum Beispiel den Namen einer Hochschule, der auf einen Antisemiten zurückgeht. Oder Straßen, die Kolonialisten als Namenspatronen haben.
An der Beuth-Hochschule in Wedding wurde in dieser Woche erneut über ihren Namensgeber diskutiert. Das ist einerseits gut und ehrenwert, andererseits stehen die Argumente der Beuth-Unterstützer, allen voran des ehemaligen Hochschulleiters Reinhard Thümer, in dessen Amtszeit die Benennung der Hochschule nach Beuth fiel, schon länger auf tönernen Füßen.
Thümers Zweifel daran, dass Beuth expliziter Antisemit war, sind nicht zu halten, sagen die Historikerexperten vom Zentrum für Antisemitismusforschung. Umso trauriger, dass sich auch die aktuelle Hochschulleitung nicht zur Umbenennung durchringen kann.
Gewisse Parallelen zur Umbenennungsdiskussion im unweit der Hochschule gelegenen Afrikanischen Viertel, die ebenfalls diese Woche erneut hochkochte, drängen sich auf. Auch hier gibt es starke Widerstände gegen neue Namen – mit teils abstrusen Argumenten wie dem, die Umbenennung der Straßen koste Geschäftsleute viel Geld, das anderswo besser ausgegeben sei.
Eine Konsequenz aus Einsicht
Es gibt sicher verschiedene Erklärungen dafür, dass das Beharren auf offenkundig Falschem bisweilen so stark ist. Im Fall Beuth mag es sein, dass ein ehemaliger Hochschulleiter um sein „Lebenswerk“ bangt und darum Hanebüchenes behauptet. Allerdings schwingt in seinem Argument, zu Beuths Zeiten sei Antisemitismus ja weit verbreitet gewesen, ein Relativismus mit, den heutzutage nicht wenige vertreten und dem es entschieden entgegenzutreten gilt. Schließlich macht die Tatsache, dass Antisemitismus – ebenso wie Rassismus und Kolonialismus – weit verbreitet war, die Sache nicht besser.
Ähnliches kann man den Geschäftsleuten entgegenhalten: Neue Namen sind keine Petitesse, keine spinnerte Luxusidee, die linke Ideologen auf Kosten hart arbeitender „Normalbürger“ durchdrücken wollen. Sondern die Konsequenz aus Einsichten (dass nämlich Kolonialismus und Rassismus Verbrechen sind), die inzwischen Gott sei Dank mehrheitsfähig sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“