Umbenennung juristischer Fachliteratur: Keine Ehrung von NS-Juristen
Der Verlag C.H. Beck hat sich zur Umbenennung von Justiz-Standardwerken entschlossen, deren Namensgeber in den Nationalsozialismus verstrickt waren.

Das nach dem NS-Juristen Otto Palandt benannte Justiz-Standardwerk „Palandt“ wird umbenannt. Das teilte der Münchner Verlag C.H. Beck am Dienstag mit. „Bereits auf der nächsten, im November 2021 erscheinenden Auflage wird auf dem Umschlag der Name des aktuellen Koordinators der Autorinnen und Autoren, des Richters am Bundesgerichtshof Dr. Christian Grüneberg, genannt werden.“
Auch alle anderen Werke, bei denen in der NS-Diktatur aktive Juristen als Autoren oder Herausgeber genannt sind, werden andere Namen erhalten. So soll der Loseblattkommentar zum Grundgesetz von Maunz/Dürig künftig den Namen Dürig/Herzog/Scholz tragen und die Gesetzessammlung Schönfelder vom Vorsitzenden der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages Mathias Habersack herausgegeben werden. Zuvor hatte das Münchner Institut für Zeitgeschichte im Auftrag des Bayerischen Justizministeriums eine entsprechende Studie durchgeführt.
Der „Palandt“, vielleicht das prominenteste Beispiel, ist ein Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. 2017 hatte sich eine Initiative „Palandt umbenennen“ gegründet. Er war seit 1934 Präsident des Reichsjustizprüfungsamts und eine seiner ersten Maßnahmen war die Entfernung von Frauen aus dem Justizdienst und den rechtswissenschaftlichen Fakultäten, um die „Manneskraft“ im Rechtswesen zu sichern.
„Bedeutsame Entscheidung“
Otto Palandt selbst hat nicht viel für das Werk geschrieben. Er leitete die Abteilung „Ausbildung“ im Reichsjustizministerium. Heinrich Schönfelder war seit 1943 Kriegsgerichtsrat bei verschiedenen deutschen Kriegsgerichten in Italien und wurde von Partisanen erschossen.
„Das ist eine bedeutsame Entscheidung“, kommentierte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU). „Die Umbenennung ist notwendig: Namensgeber für Gesetzessammlungen und Kommentare müssen integre Persönlichkeiten sein. Keine Nationalsozialisten.“
Da man Geschichte nicht ungeschehen machen könne, habe man zunächst die historischen Namen beibehalten, sagte Verleger Hans Dieter Beck laut Mitteilung. „Um Missverständnisse auszuschließen, haben wir uns nun dazu entschlossen, Werke mit Namensgebern, die in der NS-Zeit eine aktive Rolle gespielt haben, umzubenennen.“
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Frauen und Krieg
Krieg bleibt männlich
Ergebnis der Sondierungen
Auf dem Rücken der Schwächsten
Schwarz-Rote Finanzen
Grüne in der Zwickmühle
Vertreibung von Palästinensern
Amerikaner in Gaza
Schwarz-rote Sondierungen abgeschlossen
Union und SPD wollen gemeinsam regieren
Wechseljahre
Ich glaube, ich mag mich so sehr wie noch nie