Umbau im Springer-Verlag: „Welt“ im Wandel
Nach dem Einstieg des Finanzinvestors KKR sollen bei Springer Jobs gestrichen werden. Vorstandschef Döpfner stellt sich den Fragen der Betriebsräte.
Mit dem neuen Partner KKR will der Springer-Verlag vor allem im digitalen Anzeigen- und Handelsvermittlungsgeschäft wachsen. KKR hat bislang rund 43 Prozent der Springer-Anteile zur Übernahme angeboten bekommen. Wenn die Transaktion, der die Kartellbehörden noch zustimmen müssen, Ende 2019 oder Anfang 2020 über die Bühne ist, dürfte Springer nach 35 Jahren von der Börse verschwinden. Dann lenken KKR, Friede Springer – mit 42,6 Anteilsprozenten mit KKR mehr oder weniger gleichauf – und Vorstandschef Döpfner (2,8 Prozent) den Laden.
Durch die finanzstarke KKR wird Springer unabhängiger von den üblichen Finanzmärkten. Aber dafür deutlich abhängiger von einem Investor werden, der im Medienbereich schon die eine Hälfte des deutschen Privatfernsehens extrem auf Profit getrimmt hat: KKR war von 2006 bis 2014 Mehrheitseigner der ProSiebenSat.1 Media AG, verordnete die Zusammenlegung aller Sender in München, den Verkauf von N24 und half dem Konzern massiv Schulden aus anderen Zukäufen über.
Die Logik ist dabei immer gleich: Finanzinvestoren engagieren sich bei nach ihrer Sicht ausbaufähigen Unternehmen – auch wenn das für diese oft Stellenabbau bedeutet. Durch Umbau und Zukäufe soll der Wert gesteigert werden. Und damit auch der Gewinn, den KKR macht, wenn man in ein paar Jahren wieder aussteigt.
Keine Panik bei der „Welt“
Bei Springer kann sich KKR laut Huth vorstellen, „bis zu einem Jahrzehnt investiert zu bleiben“, was zumindest gegen ganz kurzfristige Renditeerwartungen spricht. Die sähen aktuell auch nicht mehr so üppig aus: Der Bereich News Media, zu dem Bild, Welt und andere digitale Medienangebote bei Springer gehören, war im ersten Halbjahr 2019 um rund 6 Prozent im Minus. Der Umsatz in Deutschland reduzierte sich sogar um 8 Prozent auf rund 480 Millionen Euro – denn hier bricht das Geschäft mit der gedruckten Welt und Bild weiter ein.
Bevor bei der Welt jetzt Panik ausbricht: Sie scheint zumindest vorerst gesichert. Zwar sei „eine unbedingte Bestandsgarantie für die Welt (…) ein Mythos“, so Döpfner in der SZ: Doch „auch wenn sie nicht zur Steigerung der Durchschnittsrendite beiträgt, ist sie ein essenzieller Teil von Axel Springer“. Und „Online hat als intellektuelles Leitmedium großes Wachstumspotenzial“. Damit ist der und die Konzern-Friede vermutlich zunächst mal beruhigt.
Bei der Bild-Gruppe dürfte es dagegen ungemütlicher werden: Hier sollen Bild und Bild am Sonntag näher zusammenrücken und vor allem bei den Häuptlingen gespart werden. Generell gelte aber, wo strukturell Umsatzrückgang herrscht, müsse man restrukturieren und Arbeitsplätze abbauen. Der Anspruch ist dabei nicht von Pappe: „Wir wollen als Digitalkonzern eine weltweite Marktführerrolle erlangen“, so Döpfner.
Dafür ist Friede Springer auch bereit, ihre bislang vehement verteidigte Rolle als Gralshüterin bei Springer aufzugeben. Auf die Frage der SZ, ob sie sich beim KKR-Deal gefragt habe, was Axel Springer selbst getan hätte, lautet die Antwort: „Nein, das ist zu lang her. Mein Mann ist vor 34 Jahren gestorben. Und ich bin selbst mit der Zeit gegangen.“ – Und mit Mathias Döpfner.
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