Ultimatum an ruandische Miliz im Kongo: Gnadenfrist für die FDLR
Im Oktober wollen die Staaten der Region der Großen Seen entscheiden, ob sie die ruandische Hutu-Miliz FDLR mit Gewalt zur Entwaffnung zwingen.
BERLIN taz | Die Staaten der afrikanischen Region der Großen Seen halten an der Drohung fest, notfalls mit Gewalt gegen die ruandischen Hutu-Milizionäre der FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) in der Demokratischen Republik Kongo vorzugehen. Zum Abschluss eines Sondergipfels in der angolanischen Hauptstadt Luanda am Donnerstag bekräftigten die Mitgliedstaaten der Regionalorganisation ICGLR (Internationale Konferenz der Region der Großen Seen) ihr im Juli gesetzten Ultimatum an die Miliz, innerhalb von sechs Monaten die Waffen niederzulegen.
„Im Falle, dass es keine Fortschritte gibt, werden Militärschläge gegen die FDLR geplant“, heißt es in der in der Nacht zum Freitag verbreiteten Abschluesserklärung. Ob dies nötig werde, solle im 2. Oktober in einer Evaluierung geprüft werden. Ein gemeinsamer Staatengipfel der ICGLR mit der Regionalorganisation SADC (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika) im Oktober solle dann „Prioritäten festlegen und Strategien harmonisieren“.
Die FDLR, gegründet und teilweise geführt von ehemaligen Tätern des Völkermordes an den Tutsi in Ruanda 1994, ist im Osten der Demokratischen Republik Kongo basiert und gilt als ein Haupthindernis für Frieden in der Region. Ende 2013 hatte sie angeboten, die Waffen niederzulegen, wenn Ruandas Regierung im Gegenzug mit ihr einen international begleiteten Dialog über politische Reformen beginne. Das lehnt Ruandas Regierung unter Verweis auf die „Völkermordideologie“ der Miliz und die mutmaßliche Verwicklung einiger ihrer höchsten Führer in den Genozid von 1994 ab.
FDLR-Militärchef Sylvestre Mudacumura wird vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag mit Haftbefehl gesucht. FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka und sein Stellvertreter Straton Musoni stehen seit 2011 wegen Kriegsverbrechen der Miliz in Stuttgart vor Gericht.
Entwaffnungsprozess „eingefroren“
In einer ersten Geste hatte die FDLR im Mai und Juni dieses Jahres insgesamt 186 ihrer Kämpfer in UN-Militärlager geschickt. Die UNO hatte daraufhin wichtige FDLR-Kommandanten aus dem Kongo nach Italien geflogen, zu politischen Gesprächen unter Vermittlung der katholischen Kirchengemeinde Sant‘Egidio. Daraufhin war eine bestehende Frist an die Miliz, die Waffen niederzulegen, von den Staaten der Region auf sechs Monate verlängert worden. Während Ruanda schnelle Militärschläge gegen die FDLR befürwortet, lehnt Kongo das ab.
In einer Bilanz der bisherigen Entwicklung vor dem UN-Sicherheitsrat am 7. August hatte der deutsche Leiter der UN-Mission im Kongo (Monusco), Martin Kobler, der FDLR vorgeworfen, sie habe den Prozess „eingefroren“. Die Miliz habe die Sechs-Monats-Frist als Einladung wahrgenommen, kurzfristig nichts mehr zu tun, monierte er. Die vereinbarte Verlegung der bereits übergebenen 186 FDLR-Kämpfer in Militärlager in der ostkongolesischen Metropole Kisangani, weit weg vom Kampfgebiet, sei an der FDLR-Führung gescheitert. Auf der Sitzung des Sicherheitsrats hatten die USA daraufhin gefordert, auch vor Ablauf der Frist Militärschläge gegen die FDLR zu starten.
In einer ausführlichen Analyse beleuchten taz-Redakteur Dominic Johnson und taz-Korrespondentin Simone Schlindwein die Hintergründe und Perspektiven des aktuellen FDLR-Dilemmas im Kongo. Das Papier liegt auf Deutsch und auf Englisch vor.
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