Ukrainisch-russische Diplomatie: Poroschenkos Konfrontationskurs
Die Antrittsrede des neuen Präsidenten trägt nicht zur Entspannung bei. Steinmeier warnt vor Militäraktionen. Wladimir Putin verstärkt die ukrainisch-russische Grenze.
KIEW ap/dpa | Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko ist bei seiner Amtseinführung auf Konfrontationskurs zu Russland gegangen. Er werde die Annexion der Krim durch das Nachbarland nicht akzeptieren, sagte der 48-jährige Milliardär am Samstag in seiner Antrittsrede im Parlament in Kiew. „Die Krim ist, war und wird ukrainisch sein. Da gibt es keinen Kompromiss“, sagte er.
Poroschenko versprach zudem „russischen Extremisten“ im Osten der Ukraine freies Geleit aus dem Land. Wenige Stunden darauf ordnete der russische Präsident Wladimir Putin an, die Sicherheit an der gemeinsamen Grenze zu verstärken, um illegale Übertritte zu verhindern, wie russische Nachrichtenagenturen berichteten.
Die nach einem kurzen Treffen Putins und Poroschenkos bei den D-Day-Feiern in Frankreich neu aufgekommenen Hoffnungen auf eine Entspannung in der Ukraine-Krise erhielten damit wieder einen Dämpfer. Die Aufständischen im Osten des Landes rief Poroschenko zur Niederlegung der Waffen auf und versprach denjenigen Amnestie, „die kein Blut an ihren Händen haben“. Er sei dialogbereit, mit „Mördern und Gangstern“ werde er aber nicht sprechen, sagte Poroschenko in Bezug auf die bewaffneten Aufständischen.
Diese sprachen Poroschenko aber jede Glaubwürdigkeit ab. Er glaube nicht an die versprochene Amnestie, sagte der Anführer der Aufständischen in Lugansk, Waleri Bolotow. Denis Puschilin, der Separatistenführer in Donezk, erklärte: „Im Moment ist es für ihn unmöglich, (nach Donezk) zu kommen. Vielleicht mit Bodyguards, einem Sicherheitsunternehmen, damit die Leute ihn nicht in Stücke reißen“.
Ein illegaler Akt
Sowohl Lugansk als auch Donezk haben sich wie die Krim für unabhängig erklärt. Die Halbinsel wurde aber anders als die östlichen Regionen von Russland wenig später annektiert. Für Poroschenko nach wie vor ein illegaler Akt, wie er am Samstag betonte. Darüber, wie sein Land aber die Kontrolle über die Halbinsel im Schwarzen Meer wiederlangen will, machte er keine Angaben.
Putin hatte zuletzt am Freitag wieder deutlich gemacht, dass Voraussetzung für jegliche politische Lösung des Konflikts ein Ende der ukrainischen Militäroperation gegen die Separatisten im Osten des Landes sei. Das bekräftigte auch Botschafter Michail Surabow, der Moskau bei der Amtseinführung Poroschenkos repräsentierte. Poroschenko selbst sagte nicht, ob er die Militäroperation zurückfahren werde.
Am Samstag wurden keine größeren Gefechte aus der Ostukraine gemeldet. Ein Berater von Separatistenführer Puschilin wurde aber nach Angaben von dessen selbst ernannter „Donezker Volksrepublik“ erschossen.
Ein Zeitfenster kann sich auch schließen
Poroschenko kündigte ferner an, den wirtschaftlichen Teil des Assoziierungsabkommen mit der EU bald zu unterschreiben. US-Vizepräsident Biden traf sich später mit dem Staatschef und sagte zu ihm: „Es gibt ein Zeitfenster für den Frieden und Sie wissen so gut wie jeder andere, dass es nicht für immer offen sein wird ... Amerika steht zu Ihnen.“
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte Kiews Führung vor unverhältnismäßigen Militäraktionen gegen die prorussischen Separatisten im Osten des Landes. „Das Ergebnis militärischer Operationen in der Ost-Ukraine darf nicht sein, dass die Separatisten noch mehr Zulauf bekommen“, sagte Steinmeier dem Tagesspiegel am Sonntag. Zugleich forderte der Außenminister auch Beiträge Russlands zur Stabilisierung der Ukraine.
Poroschenko forderte vorgezogene Regionalwahlen im Osten des Landes und versprach, sich für mehr Autonomie der Provinzen einzusetzen. Forderungen Russlands nach einer Föderalisierung der Ukraine erteilte er aber eine Absage. Der neue Präsident sprach sich auch für ein Vorziehen der eigentlich für 2017 angesetzten Parlamentswahl aus. „Es stimmt nicht überein mit den Zielen der Nation“, sagte er über das Parlament. Unter den 2012 gewählten Abgeordneten sind auch viele Mitglieder von Janukowitschs Partei.
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