Ukraine-Gipfel in Albanien: Bosnische Waffen für die Ukraine
Am Mittwoch traf Selenskyj Vertreter von elf Staaten aus Südosteuropa. Nach Albanien will auch Bosnien der Ukraine Waffen liefern.

Dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zusammen mit der albanischen Regierung am Mittwoch in Tirana ein Gipfeltreffen zum russischen Angriffskrieg ausrichtete, kam für viele überraschend. Doch bei näherem Besehen entbehrte dieser Gipfel keineswegs der Logik. Nach den stockenden Waffenlieferungen vonseiten der EU und der USA ist dieses Treffen, an dem elf Länder aus Südosteuropa, darunter einige Nachbarstaaten der Ukraine, teilnahmen, mehr als verständlich.
Als Gipfelziele waren zwar „Frieden, Sicherheit, Zusammenarbeit“ ausgelobt, in Wirklichkeit ging es jedoch um weit mehr: um Waffenlieferungen. Selenskyj – es war sein erster Besuch in dem Balkanstaat seit dem russischen Angriff im Februar 2022 – dankte den Staatenlenkern der Balkanländer für ihre militärische Unterstützung in diesen zwei Jahren.
Selenskyj bezeichnete den albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama als „unerschütterlichen Freund der Ukraine“. Er werde mit ihm über Zusammenarbeit in der Politik und im Verteidigungsbereich, „Unterstützung für die Friedensformel“ sowie Sicherheitsvereinbarungen sprechen, sagte er. Damit war die Katze aus dem Sack.
Die Waffenschmiede Jugoslawiens
Der Westbalkan verfügt über nicht unerhebliche Kapazitäten an Waffenproduktion. Weitere Waffenlieferungen sicherzustellen ist für Kyjiw angesichts der sich zuspitzenden Lage an der Front von entscheidender Bedeutung. Selenskyj und andere ukrainische Politiker haben immer wieder an westliche Länder appelliert, ihre gemeinsame Rüstungsproduktion auszubauen, die ukrainische Luftverteidigung zu stärken und die Sanktionen gegen Russland auszuweiten. Auf dem Balkan scheint er bei einigen Staaten wie Albanien Gehör gefunden zu haben.
Hoffnung gibt den Ukrainern auch, dass jetzt noch andere Lieferanten hinzukommen. Der bosnische Politologe Jasmin Mujanović hatte schon vor Wochen gesagt, die Mittel zum Sieg seien vor allem in Bosnien und Herzegowina vorhanden. „Wir brauchen nur den Willen zum Handeln“, erklärte Mujanović. In Bosnien lag die Waffenschmiede Jugoslawiens, die jugoslawische Armee war vor den Kriegen der Jahre 1991 bis 2001 die drittgrößte auf dem Kontinent und lag auch bei der Waffenproduktion und dem Waffenexport weit vorne.
Geschützt in den Bergen liegend produzierte Bosnien und Herzegowina vor allem für den Export in über 100 Länder der Welt. Aktuell sind die Industrieanlagen in Vitez, Vogošća, Travnik und Bugojno mit zehn Prozent bei Weitem nicht ausgelastet, könnten aber wieder hochgefahren werden. Denn Bosnien ist in der Lage, Munition für die in der Ukraine benötigten (Ostblock-)Kaliber herzustellen. Sogar moderne Minenwerfer aus Bosnien sind schon in der Ukraine zum Einsatz gekommen. Allerdings dürfen die Bosnier diese nicht offiziell exportieren.
Auf dem EU-Gipfel am Wochenende hatte Frankreich zugestimmt, die EU könnte auch Waffen in Drittländern erstehen und an die Ukraine liefern. Doch die bosnischen Serben in der Republika Srpska, einer der zwei Entitäten von Bosnien und Herzegowina, stemmen sich dagegen. Ihr Führer, Milorad Dodik, wurde kürzlich von Putin empfangen.
Es könnte aber auch ohne ihre Zustimmung möglich sein: Die Produktionsanlagen befinden sich in der westlich ausgerichteten bosniakisch-kroatischen Föderation. Wenn die EU will, könnte trotz Putins Einfluss in der Region alles gehen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator