: Überwachen und abfertigen
In der EU herrscht grenzenloser Warenverkehr. Wozu braucht es trotzdem noch Zöllner?
André Lenz, 32, ist Zöllner und zurzeit in der Pressestelle der Generalzolldirektion tätig.
taz am wochenende: Herr Lenz, die EU kümmert sich um die politischen Zollfragen, die Mitgliedsstaaten um die praktischen. Welche Aufgaben haben Zöllnerinnen und Zöllner in Deutschland?
André Lenz: Werden Waren aus sogenannten Nicht-EU-Staaten, etwa aus China oder den USA, über Deutschland in die EU eingeführt, überwacht dies der deutsche Zoll. Eine wesentliche Aufgabe ist die Erhebung von Zöllen und der Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 7 beziehungsweise 19 Prozent, die mit der Mehrwertsteuer vergleichbar ist. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Überwachung von Verboten und Beschränkungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr, etwa um den Schmuggel von Betäubungsmitteln, Waffen oder artengeschützten Tieren und Pflanzen zu verhindern. Außerdem bekämpft der Zoll Schwarzarbeit und Produktpiraterie und ist zuständig für die Erhebung der Kfz-Steuer und der Verbrauchssteuern, der Energie- und Tabaksteuer.
Innerhalb der EU gibt es keine Zölle mehr, mit vielen Ländern gibt es Zollfreiheitsabkommen. Hat der Zoll mit seinen klassischen Aufgaben noch viel zu tun?
In Anbetracht des wachsenden Volumens an Warenbewegungen hat der Zoll einen enormen Aufgabenzuwachs erfahren, auch durch den Internethandel. Der Umfang an Paketsendungen aus Drittländern ist auf einen dreistelligen Millionenbereich angestiegen und wächst weiter. Dieses Aufkommen muss überwacht und vom Zoll abgefertigt werden. Auch in den Seehäfen haben wir einen hohen Warenumschlag. Allein im Hamburger Hafen werden jährlich mehr als 9 Millionen Container aus aller Welt umgeschlagen. Eine weitere Herausforderung wird der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union sein und die damit einhergehende Wiedereinführung von Zollkontrollen.
Wer als Verbraucher im Internet Waren außerhalb der EU bestellt, muss Zoll zahlen?
Bis 22 Euro Einfuhrwert ist die Sendung abgabenfrei, ausgenommen sind verbrauchssteuerpflichtige Waren wie Alkohol. Hier fällt immer die Verbrauchssteuer an. Bei einem Wert zwischen 22 Euro bis 150 Euro sind die Sendungen zwar zollfrei, aber die Einfuhrumsatzsteuer von 7 oder 19 Prozent wird fällig. Ab 150 Euro muss Zoll gezahlt werden, sofern der Zollsatz für das Produkt größer null Prozent ist.
Warum sind Sie zum Zoll gegangen?
Bei meiner Berufswahl stand der öffentliche Dienst weit oben. Wesentliche Vorteile des Zolls gegenüber anderen Behörden sind für mich die große Bandbreite an verantwortungsvollen und abwechslungsreichen Aufgaben. Das Spektrum reicht vom Wasserzoll auf der Nord- und Ostsee, einem Einsatz an einem See- oder Flughafen oder auf der Autobahn, über eine Verwendung bei der Zollfahndung bis zur Kontrolle an der Schweizer Grenze. Im Berufsleben eines Zöllners kann man den Arbeitsplatz verändern und neue Herausforderungen suchen. Und natürlich war auch die Jobsicherheit ein entscheidender Faktor. Interview: Anja Krüger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen