Übernahme von Skype: Microsoft greift zum Headset

Die Nachricht schockte die Marktbeobachter: 8,5 Milliarden Dollar will der Softwarekonzern Microsoft für die Online-Telefonieplattform Skype ausgeben.

In trauter Eintracht auf dem Desktop: Skype und Microsoft. Bild: dpa

Mit einer Übernahme des Internet-Telefonieanbieters Skype wurde schon lange gerechnet. Allerdings waren Google und Facebook als potenzielle Käufer im Gespräch. Nun schnappt sich offenbar Microsoft das Unternehmen, und zwar - wie die New York Times meldet - für 8,5 Milliarden US-Dollar.

Seit dem Jahr 2003 bietet Skype kostenloses Telefonieren übers Internet an. Mittels VOIP (Voice over Internet Protocol) wird das gesprochene Wort digitalisiert, in kleine Datenpakete zerlegt und über das Netz verschickt. Zusätzlich können die Nutzer Textnachrichten austauschen und sehen, wer gerade online ist. Im Jahr 2006 kam auch Videotelefonie dazu. Die Gespräche unter Skype-Nutzern sind kostenlos; zahlen muss nur, wer im gewöhnlichen Telefonnetz anruft oder mit einer Telefonnummer erreichbar sein will.

Zwar ist Skype mit seinen 663 Millionen Nutzern in diesem Segment Marktführer, aber profitabel arbeitet Skype noch lange nicht. Nur acht Millionen Nutzer nehmen die kostenpflichtigen Dienste in Anspruch; im vergangenen Geschäftsjahr erzielte das Unternehmen weniger als eine Milliarde Dollar Umsatz und einen Nettoverlust von sieben Millionen Dollar.

Auch deshalb können viele Beobachter der Branche die Kaufentscheidung von Microosft nicht ganz nachvollziehen: "Ich glaubte, dass das Geschäft keinen Sinn ergibt", sagte etwa die Fachjournalistin Mary Jo Foley zu ihren Gründen, warum sie dieser Meldung zunächst keinen Glauben schenken wollte. Microsoft hat die Meldung mittlerweile bestätigt.

Schlechte Bilanzen

Nicht nur die schlechten Bilanzen von Skype scheinen gegen diese Übernahme zu sprechen. Denn Microsoft hat mit dem Windows Live Messenger längst eine eigene Kommunikationtechnologie im Angebot, inklusive Videotelefonie und Konferenzschaltungen für Privatkunden. Und für Geschäftskunden hat man erst Ende 2010 die neue Plattform "Lync" herausgebracht, die sich problemlos in die Office-Umgebung von Microsoft integrieren soll.

Der Kauf von Skype verwundert umso mehr, als dass Microsoft in der Vergangenheit mit Übernahmen nur selten glücklich wurde und sich nach der gescheiterten feindlichen Übernahme des Internet-Konzerns Yahoo vor drei Jahren eher auf Kooperationen konzentriert hatte.

Andererseits hat Microsoft inzwischen eine ganze Reihe von Produkten, mit denen man mit insgesamt eher mäßigem Erfolg daran arbeitet, dem jeweiligen Marktführer den Rang abzulaufen: Am besten läuft noch das Geschäft mit der Spielekonsole X-Box. Im Gegensatz dazu steht "Bing", mit dem der Konzern aus Redmond versucht, von der Suchmaschine bis zum Bilderdienst das Kerngeschäft von Google zu kopieren. Und im Smartphone-Markt ist Microsoft trotz der neuen Plattform Windows Phone 7 und einer Partnerschaft mit Nokia noch immer keine Konkurrenz für die Marktführer Apple und Google.

Hier könnte Skype als Verbindungselement zwischen den verschiedenen Produkten aus dem Haus Microsoft nützlich sein – vom Office-Programm bis zur Spielkonsole. Ob das gelingen kann, ist jedoch unklar. Schließlich scheiterte auch schon Ebay daran, Skype in die eigene Plattform zu integrieren. 2,6 Milliarden Dollar zahlte Ebay im Jahr 2005 für Skype, ehe man den Telefonieanbieter vier Jahre und Milliarden-Abschreibungen später an Finanzinvestoren verkaufte.

Skype mit Werbung

Immerhin: In seinem eng abgegrenzten Markt ist Skype zweifellos die Nummer eins. Durch zahlreiche Kooperationen hat sich der Dienst auf vielen Endgeräten etabliert. So musste Apple den Dienst auf seinem eifersüchtig bewachten iPhone zulassen. Mit neuen Allianzen hat sich Skype ebenfalls auf den internetfähigen Fernsehgeräten etabliert, die gerade anfangen die Wohnzimmer zu bevölkern. "Skypen" gehört wie "googeln" mittlerweile zum allgemeinen Sprachgebrauch. Doch bisher vermag Skype diesen Vorteil kaum in Geld zu verwandeln. Lediglich acht Millionen Nutzer zahlen für den Service, um mit Skype auch über das Telefonnetz zu kommunizieren.

Im März hat Skype deshalb angekündigt, in seinen Programmen künftig auch Werbung anzuzeigen. Für Microsoft ein gefundenes Fressen: In den letzten Jahren hat Microsoft stark im Online-Werbemarkt expandiert. Skype-Nutzer müssen sich darauf einstellen, in Zukunft nicht nur ihre Gesprächspartner, sondern auch Werbung für Autos und Kreditkarten zu sehen.

Und es gibt einen weiteren Grund für den Kauf: Seit geraumer Zeit schmiedet Microsoft Allianzen gegen den Hauptkonkurrenten Google. So gibt es bereits seit 2006 eine Kooperation mit Facebook, wo Microsoft auch eine kleine Beteiligung hält. Wenn Microsoft Skype übernimmt, kann dies niemand anderes tun, vor allem Google nicht.

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