Über den besseren Umgang mit Spenden: „Transparenz ist wichtig“
Ein Pharmakonzern hat 200.000 Euro an die Uni Bremen gespendet, zunächst anonym. Der Pharmakologe Gerd Glaeske plädiert für einen transparenten Umgang
taz: Herr Glaeske, bekommen Sie öfter großzügige Spenden wie die 200.000 Euro von der Firma Neuraxpharm?
Gerd Glaeske: Nein. Wir haben vorher noch nie eine Spende bekommen. Und schon gar nicht von der Pharmaindustrie.
Sie gelten vor allem seit Ihren Veröffentlichungen im Ratgeber „Bittere Pillen“ als deren Kritiker. Wieso dann die Spende?
Wir arbeiten ja in der Versorgungsforschung und machen ausdrücklich keine Produktforschung. Ich glaube, dass es einen Nachholbedarf für methodische Ansätze in der Versorgungsforschung gibt, und dass die Repräsentanten von Neuraxpharm das wahrgenommen haben und uns deshalb unterstützen wollten.
71, ist Pharmakologe und Professor für Arzneimittelversorgungsforschung am Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik an der Uni Bremen.
Haben Sie irgendwelche Verbindungen zu der Firma?
Nein, ich kenne niemanden bei Neuraxpharm, und ich war auch überrascht, als die Spende einging. Wir haben hin- und herüberlegt, wie wir damit umgehen. Aber da wir keinerlei Arbeitsbeziehungen zu der Firma pflegen und keines unserer Projekte sich ihren Produkten je beschäftigt hat, haben wir die Spende für unsere Versorgungsforschung genutzt – und in unseren Innovationsreport gesteckt.
Wie funktioniert das überhaupt mit den Spenden, landet das Geld direkt auf Ihrem Institutskonto?
Nein. Die Uni verwaltet die Spenden. Wenn wir darauf zugreifen wollen, müssen wir einen Antrag auf Nutzung der Mittel stellen. Wir haben keinen direkten Zugriff auf das Geld.
Wenn jemand Ihrem Institut etwas spenden will, überweist er das Geld also an die Uni und Sie kriegen dann Bescheid?
Genau. Das wusste ich vorher auch nicht. Wir haben von der Spende und dem Absender erst erfahren, als das Geld schon da war.
Was haben Sie dann gemacht?
Ich habe dem Spender zurückgemeldet, wie wir das Geld einsetzen werden: in der Versorgungsforschung. Das ist das Einzige, was mich mit dem Spender verbindet: Zwei Zeilen E-Mail-Kommunikation, auch mit dem Hinweis, dass ich keinerlei Gegenleistungen zu erbringen habe. Das war mir wichtig, auch zur Absicherung.
Das heißt, es gibt schon eine Sensibilität dafür, dass diese Spende zumindest Fragen aufwirft?
Natürlich. Ich wollte mich absichern. Uns wird ja auch oft von Ärzteseite vorgeworfen, wir seien ein „Kassen-Institut“. Denn viele unserer Stellen sind nicht von der Uni finanziert, sondern durch eingeworbene Drittmittel von Krankenkassen.
Woran liegt das?
Das geht gar nicht anders, denn die Uni selbst zahlt mir nur eine halbe Stelle – für das Sekretariat. Das führt zu einem strukturellen Problem, denn ohne Mitarbeiter kann man keine neuen Projekte planen. Daher müssen wir Drittmittel einwerben. Ich habe keine Veranlassung, das zu kaschieren.
Wie hilfreich war denn jetzt die Spende von Neuraxpharm?
Die war einerseits sehr hilfreich, aber ich kann andererseits auch nachvollziehen, dass Kritiker da nachhaken und das zu Diskussionen führt. Deswegen ist es mir wichtig, das Ganze transparent darzustellen. Denn eines muss klar sein: Natürlich werde ich einen Teufel tun und irgendwelche Themen nur aufgrund einer Spende bearbeiten. Und wer mir das unterstellt, der kennt mich nicht.
Die Uni hält ja auch die einzelnen Institute und Professoren dazu an, um Drittmittel und/oder Spenden zu werben. Wie könnte denn die Spendenpraxis an der Uni verbessert werden, sodass solche Unklarheiten erst gar nicht entstehen?
Bislang werden die Spenden von der Uni-Verwaltung betreut. Man könnte aber zum Beispiel ein kleines öffentliches Gremium schaffen, das sich jede Spende und ihre Verwendung genau anguckt. Das müssen gar nicht viele Leute sein, fünf bis sechs würden da reichen. Dann gebe es eine Öffentlichkeit, die klar macht: Wer spendet eigentlich was und wofür?
Sie sind also grundsätzlich für Spenden?
Ja, ich unterstütze Public Private Partnerships – wenn Zweck und Ziel transparent sind. Aber die Transparenz ist wichtig, und das in alle Richtungen: Wenn die Spender aber anonym bleiben, kann es letztlich keine Transparenz geben.
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