USB-C wird neuer EU-Standard: Langes Grübeln über Ladebuchsen
Die EU-Länder haben sich auf USB-C als neuen Ladekabelstandard geeinigt. Eine gute Entscheidung, findet unsere Autorin – die nur leider zu spät kommt.

Bisher gab es in vielen EU-Haushalten Kabelsalat. Das soll sich ändern, USB-C wird nun Standard Foto: Frank Sorge/imago
Was lange wehrt, wird endlich gut. Oder eher: wenn Apple endlich aufhört, sich zu wehren. Oder aber auch: Brauchen wir diesen Schritt überhaupt noch, sind Ladekabel eh nicht bald Schnee von gestern?
Anfang vergangener Woche haben sich die Unterhändler:innen des Europaparlaments und der EU-Staaten geeinigt: eine einheitliche Ladebuchse für Smartphones und viele weitere Geräte soll eingeführt werden. USB-C werde der künftige Standard sein, teilten das Europäische Parlament und die EU-Ratspräsidentschaft mit.
Kurzum bedeutet das: Ein Ladekabel für Handy, Kamera, Lautsprecher und, und, und. Bald soll das endlich Wirklichkeit werden. Diese für Nutzer:innen so angenehme und offenbar einfache Lösung ist tatsächlich das erste Mal weltweit, dass Gesetzgeber den Herstellern solche Vorgaben machen. Tja, die Techindustrie ist ein harter Gegner mit starker Lobby.
Der einheitliche Standard gilt künftig für alle kleinen und mittelgroßen Geräte, die aufladbar und tragbar sind. Die Einigung der Unterhändler muss noch vom Europäischen Parlament und den EU-Mitgliedsstaaten formell beschlossen werden, um in Kraft treten zu können.
1.000 Tonnen weniger Elektroschrott
Dies gilt jedoch als reine Formsache. Vierundzwanzig Monate nach Inkrafttreten der neuen rechtlichen Grundlage werden die Hersteller dann die USB-C-Ladebuchse bei neuen Geräten anbieten müssen – also voraussichtlich Mitte 2024. Auch Laptops müssen künftig über eine USB-C-Buchse aufgeladen werden können – es wurde aber eine längere Übergangsfrist von 40 Monaten vereinbart.
Auf Twitter freute sich nicht nur die Grünen-Politikerin Anna Cavazzini. Sie nannte die Einigung „einen Gewinn für europäische Konsumenten und unseren Planeten“. Auch die EU stellte das Klima bei ihrer Einigung in den Vordergrund. Denn nach Angaben der EU-Kommission könnten durch die Regelung knapp 1.000 Tonnen Elektroschrott eingespart werden. Derzeit fallen jährlich geschätzt 11.000 Tonnen Elektroabfall durch entsorgte und nicht benutzte Ladegeräte an. Auch deswegen sollen Verbraucher:innen künftig selbst entscheiden, ob sie ein Gerät mit oder ohne Ladekabel kaufen.
Kritiker:innen wiederum befürchten, dass die Idee ins Leere laufen wird, weil sich der USB-C-Standard in der Vergangenheit ohnehin schon stärker durchgesetzt hat. Und hier liegt der wirklich kritische Punkt. Denn die Debatte über einheitliche Ladegeräte wird schon seit über zehn Jahren geführt – passiert ist nichts. Währenddessen haben sich aber Technologien auf dem Markt durchgesetzt. Ladekabel werden mittlerweile durch kabelloses Laden abgelöst.
Wenn also nun in zwei Jahren eine einheitliche Regelung kommt, brauchen wir die dann überhaupt noch? Oder nutzen wir dann alle schon längst gar keine Kabel mehr? Manchmal lohnt es sich eben nicht ganz so lange zu streiten oder sich vor Firmen wie Apple wegzuducken, sondern schon früher zu handeln. Bei aller Freude hinken wir digitalem Fortschritt und Entwicklung auch mit der aktuellen Entscheidung immer noch hinterher.
Leser*innenkommentare
darthkai
"Ladekabel werden mittlerweile durch kabelloses Laden abgelöst."
Ja, bei Zahnbürsten und Ohrhörern durchaus sinnvoll, bei allem anderen überwiegt dann doch die Negativ-Kombi aus langsamer, teurer und dem zusätzlich verbauten Elektroschrott. Und ob man bei Milliarden Geräten rund 50% der Energie in den Orkus blasen will, ist ökologisch wie ökonomisch auch ein wenig fragwürdig ;)
weaver
Seit mehreren Produktgenerationen von Smartphones und Tablets zumindest der Marktführer Apple und Samsung gibt es nur noch Netzteile, die kein fest verbautes Kabel besitzen, sondern nur noch eine USB-A-Buchse. Hier kann ein beliebiges Ladekabel eingesteckt werden. Auch eins, bei dem am anderen Ende ein Steckertyp des konkurrierenden Herstellers sitzt. Ich muss also kein Netzteil wegschmeißen, weil ich ein anderes Handy kaufe. Das Müll-Einsparpotential kann sich also nur auf Notebooks und andere Geräte beziehen. Diese haben tatsächlich noch oft Netzteile mit fest verbauten, inkompatiblen Anschlüssen. Bei Notebooks ist die Nutzungsdauer aber deutlich höher als bei Smartphones. Ob die 1000 Tonnen da nicht etwas "schön"gerechnet sind?
Fabian Wetzel
1000 Tonnen (
sollndas
"Ladekabel werden mittlerweile durch kabelloses Laden abgelöst."
Ja. Aber:
a) Die Ladeschale hängt selbst an einem Kabel...
b) Es handelt sich dabei im Prinzip um einen Transformator mit großem Luftspalt, welch letzterer beträchtliche Blindstöme und damit Widerstandsverluste in Spulen und angrenzenden Bauteilen verursacht. Was vor ca. 10 Jahren an Energieeinsparung durch den Übergang von Trafo- zu Schaltnetzteilen gelang, wird wieder verschenkt...
Fortschritt auf dem Weg in die Sackgasse.
93851 (Profil gelöscht)
Gast
Was ist schon Kabelsalat gegen eingebaute Sollbruchstellen in sämtlichen technischen Geräten?
Und wenn man die ganze "Energieblase" samt äußerst fragwürdigen Produktionsbedingungen nur für Handys betrachtet, dürfte man sie gar nicht mehr kaufen.
Warum hat die Automobilbranche nicht schon vor Jahrzehnten 3-Liter-Autos gebaut?
Warum leuchten nachts nicht nur riesige Wertetafeln auf der ganzen Welt?
Es liegt oft nicht an mangelnden Ideen, sondern an wirtschaftlichem Kalkül, so einfach ist der Dante hinterlassen(d)e Schrotthaufen groß-kapitalistischer Industrie-Gesellschaftenzu erklären!