USA-Reise von Robert Habeck: Der Trumpelefant im Raum
Der Wirtschaftsminister ist in den USA, um die Beziehungen zur Biden-Regierung zu pflegen. Nebenbei bereitet sich Deutschland auf den Worst Case vor.
Weil er auf seiner USA-Reise auch über die transatlantische Raumfahrt-Zusammenarbeit sprechen will, hat der Vizekanzler zwei deutsche Astronauten dabei. Zusammen mit Alexander Gerst und Matthias Maurer besuchte der Grünen-Politiker am Donnerstag das Hauptquartier der US-Raumfahrtbehörde und die für Raumfahrt zuständige Abteilung der US-Regierung, um dafür zu werben, bei der nächsten Nasa-Mondlandung auch deutsche Astronauten mitzunehmen.
Doch die Zukunft der deutsch-amerikanischen Zusammenarbeit steht in den Sternen. Denn wenn der Wirtschaftsminister im kommenden Jahr erneut nach Washington reisen sollte, könnte dort wieder ein alter Bekannter regieren. Donald Trump hat sich gerade die republikanische Präsidentschaftskandidatur gesichert und steht in den Umfragen erschreckend gut da. Er ist der Elefant im Raum, über den keiner gerne sprechen möchte. Man solle aufpassen, daraus keine selbsterfüllende Prophezeiung zu machen, warnt Habeck die deutschen Journalisten bei einem Empfang beim deutschen Botschafter in Washington. Der Wahlkampf habe noch nicht begonnen. „Deswegen: Es gibt da jetzt keinen Automatismus.“
Appell an die wirtschaftliche Vernunft
Trotzdem trifft Deutschland bereits Vorkehrungen für den Fall, dass Trump erneut gewählt werden sollte. In seiner letzten Amtszeit habe Trump alle bestehenden Kooperationsformate mit Deutschland „kaputt gehauen“, klagte Habeck. „Das kann nicht im Interesse der Amerikaner sein“, appelliert er an deren wirtschaftliche Vernunft. Doch genau das könnte wieder passieren, sollte Trump es ein zweites Mal schaffen. Trump hat gedroht, die Ukraine und die NATO ihrem Schicksal zu überlassen und ausländische Produkte mit hohen Einfuhrzöllen zu belegen. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, sieht das nüchtern. „Wer hier die Mehrheit bekommt, der hat grosso modo die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler hinter sich. Das heißt, wir müssen damit umgehen.“
Russwurm ist in dieser Woche mit deutschen Wirtschaftsvertretern ebenfalls in Washington, um für den transatlantischen Handel zu werben. Beim Empfang in der deutschen Botschaft steht der Ingenieur aus Oberfranken neben Habeck. Nicht jeder Kongressabgeordnete wisse, „dass es fast eine Million Arbeitsplätze gibt, die deutsche Unternehmen inzwischen hier in den USA investiert haben“, sagt Russwurm, und „dass es eine ganze Reihe von Unternehmen gibt, die zwar historisch ein deutsches Headquarter haben, aber inzwischen mehr Arbeitsplätze in den USA als in Deutschland.“ Das wollen die Spitzenvertreter des deutschen Industrieverbands deutlich machen.
„Man muss Trump immer wieder aufzeigen, wie aktiv deutsche Unternehmen in den USA sind und wie viele Arbeitsplätze sie hier schaffen“, sagt die Politikwissenschaftlerin Laura Daniels von der Denkfabrik Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP). Die Bundesregierung und die EU müssten versuchen, jetzt so viele Handelsabsprachen wie möglich zu treffen, etwa zur gegenseitigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen oder bei wichtigen Technologien wie Halbleitern, und regelmäßige Treffen auf Arbeitsebene etablieren. „Danach kann man nur hoffen, dass eine mögliche Trump-Regierung das nicht alles wieder kassiert.“
Union lobt Baerbock-Reise
Anders als Annalena Baerbock vor einem halben Jahr sucht Habeck bei seiner Reise aber keine Gespräche mit Trump-nahen Republikanern. Für ihre USA-Reise im September 2023 bekam die deutsche Außenministerin sogar Lob von der Union. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter bescheinigte Baerbock, damit exzellente Vorkehrungen für eine mögliche zweite Präsidentschaft von Donald Trump getroffen zu haben. „Sie reiste weg von den demokratischen urbanen Küstenstädten, hin zu jenen Kräften, die eher dem Isolationismus zugeneigt sind, also zu den Republikanern und ihren Wählern in den ländlichen Gegenden Amerikas.“ Dass sie dem bei Republikanern beliebten Sender Fox News ein Interview gab, sei ebenfalls ein „klasse Schachzug“ gewesen, sagt Kiesewetter.
Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link (FDP), war ebenfalls in verschiedenen US-Regionen unterwegs, um für den Worst Case vorzusorgen. Dennoch habe Deutschland immer noch zu wenig getan, um die eigene Verteidigungsfähigkeit zu stärken, kritisiert Kiesewetter. Sowohl Demokraten wie Republikaner würden erwarten, dass sie mehr Verantwortung für ihren eigenen Kontinent und die Nachbarregionen übernehmen – egal, wie die US-Präsidentschaftswahl im November ausgehe.
Auch jetzt läuft zwischen Deutschland und den USA nicht alles reibungslos. Zwar hat der russische Überfall auf die Ukraine die Zusammenarbeit beider Länder beim Thema Energie befördert. Weil Russland als Gaslieferant ausfiel, trieb Wirtschaftsminister Habeck etwa den Bau von Importterminals für Flüssigerdgas (LNG) an den deutschen Nord- und Ostseeküsten voran. Doch US-Präsident Joe Biden erließ im Januar aus Klimaschutz-Gründen ein Moratorium für neue LNG-Exportlizenzen. Mehrere geplante neue Exportterminals an den US-Küsten, die auch Deutschland beliefern sollten, sind damit gefährdet. Das habe aber keine größeren Auswirkungen auf die Erdgasversorgung, wiegelt das Wirtschaftsministerium ab.
Altlasten aus der Trump-Ära
Andere Altlasten aus der Trump-Ära wirken bis heute fort. So belasten die von Trump verhängten US-Strafzölle auf Stahl- und Aluminium sowie die Brüsseler Gegenmaßnahmen weiterhin die Beziehungen. Die US-Seite blockiert immer noch den Streitbeilegungsmechanismus der Welthandelsorganisation (WTO), der hier schlichten könnte.
In anderen Bereichen setzt Biden die America-First-Agenda und den Protektionismus seines Vorgängers fort – etwa mit dem „Inflation Reduction Act“, einem mehrere hundert Milliarden schwerem Subventionsprogramm, um die US-Wirtschaft klimafreundlich umzubauen. Zwischen Brüssel und Washington werde daran gearbeitet, „dass auch Europa unter die Subventionsförderung fällt“, sagt Habeck. Diese Verhandlungen kommen allerdings nicht so recht voran – und im Fall eines Wahlsiegs von Trump wären es auch damit vorbei.
Am Freitag trifft sich Robert Habeck in New York mit UN-Generalsekretär António Guterres. Er wolle sich dabei über die Rolle der Vereinten Nationen bei den „Krisen der Welt“ austauschen – über den Ukraine-Krieg und „in besonderem Maße um Israel beziehungsweise den Krieg im Gazastreifen“, erklärte Habeck vorab. In New York wird sich Habeck auch mit Vertretern der jüdischen Gemeinde in den USA treffen. (mit dpa und afp)
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