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■ USA: Clinton ist an der Abrüstung des Irak nicht interessiertNützliche Spannung

Ohne die Möglichkeit zu unangekündigten Inspektionen ist eine Überwachung von Abrüstungsmaßnahmen nicht machbar. Deshalb ist diese Möglichkeit in allen Rüstungskontrollverträgen, die seit Ende der 60er Jahre zwischen Moskau und Washington sowie im Rahmen der UNO vereinbart wurden, vorgesehen. Und sie wird auch regelmäßig wahrgenommen.

Insofern ist die Enttäuschung des zurückgetretenen amerikanischen UNO-Inspekteurs Scott Ritter verständlich und seine scharfe Kritik an der eigenen Regierung und der UNO berechtigt. Ritter ist kein übereifriger westlicher Geheimdienst-Cowboy, wie die irakische Propaganda seit langem behauptet und wie in Reaktion auf sein Rücktrittsschreiben jetzt auch in der Umgebung von UNO-Generalsekretär Kofi Annan souffliert wird. Ähnliche Anwürfe richteten sich in den letzten Jahren auch gegen den russischen Chemiewaffenexperten Nikita Smidowitsch und andere UNO-Inspektoren, die ihren mit der Resolution 687 des UNO-Sicherheitsrates vom April 1991 erteilten Auftrag im Irak ernst nahmen.

Doch in dieser Resolution, ihren falschen Voraussetzungen und unrealistischen Zielen, liegt das Grundproblem: Die Staaten, die den Irak zuvor massiv aufgerüstet hatten, forderten auf einmal die weitgehende Abrüstung des Landes, ohne die Massenvernichtungspotentiale benachbarter Staaten wie Israel, Iran, Ägypten oder Syrien zu berücksichtigen und unter Verbreitung der Illusion, ein Diktator wie Saddam Hussein ließe sich durch Wirtschaftssanktionen zum Einlenken bewegen.

Die jüngsten Erkenntnisse über das verlogene Doppelspiel der Clinton-Administration haben diese Resolution vollends diskreditiert und deutlich gemacht, wie stark das (Nicht-)Handeln der UNO und ihrer Inspekteure im Irak von den USA bestimmt wird. Der Verdacht wird bekräftigt, daß Clinton ebensowenig an einer endgültigen Lösung der Irakkrise durch das Aufspüren aller Waffen und Rüstungsprogramme und ihrer Vernichtung und Einstellung interessiert ist wie Saddam Hussein. Beide Seiten brauchen die latente Spannung unterhalb der Ebene einer militärischen Eskalation. Saddam Hussein dient das Feindbild USA zur Absicherung seiner Macht nach innen. Den sicherheitspolitischen und militärischen Eliten in Washington gilt die irakische Bedrohung nach wie vor als wichtigste Begründung zur Durchsetzung eigener neuer Rüstungsprogramme. Noch erfüllen der Sudan oder andere „Terrorstaaten“ diese Funktion nicht. Andreas Zumach

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