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US-Verwaltung weiter im ShutdownSpitzengespräch ohne Erfolg

Das erste Treffen von US-Präsident Obama mit den Führern im Kongress brachte keine Fortschritte. Nun wird auch die Finanzwelt nervöser.

Kein leuchtender Knopf. Die US-Verwaltungseinrichtungen bleiben heruntergefahren. Bild: imago/blickwinkel

WASHINGTON dpa | Der Verwaltungsnotstand in den USA geht in den dritten Tag. Auch ein 90 Minuten langes Spitzengespräch zwischen Präsident Barack Obama und führenden Vertretern beider Parteien im Kongress am Mittwochabend (Ortszeit) im Weißen Haus in Washington blieb ohne Ergebnis. Die oppositionellen Republikaner und Obamas Demokraten können sich weiter nicht auf ein Übergangsbudget einigen, um die geschlossenen öffentlichen Einrichtungen wieder zu öffnen.

Weil die USA seit dem 1. Oktober keinen verabschiedeten Haushalt haben, sind weite Teile der Verwaltung geschlossen. Hunderttausende Staatsangestellte wurden in Zwangsurlaub geschickt. Die Konservativen wollen einem neuen Etat nur dann zustimmen, wenn die Einführung von Kernstücken der Gesundheitsreform um ein Jahr verschoben wird. Obama lehnt Änderungen an seinem bedeutendsten Sozialgesetz strikt ab.

„Der Präsident bekräftigte heute Abend einmal mehr, dass er nicht verhandeln wird“, sagte der republikanische Parlamentsvorsitzende John Boehner. Die Demokraten warfen seiner Partei Blockadehaltung vor. Es könne über alle Themen gesprochen werden, sobald die Konservativen den Verwaltungsstillstand beendeten, sagte der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid. Obama rief den Kongress erneut auf, einen Etat ohne Nebenbedingen zu verabschieden.

Dazu konnte es am Mittwoch aber nicht mehr kommen. Beide Kammern des Kongresses setzen die nächsten Sitzungen für Donnerstagvormittag (Ortszeit) an. Zuvor hatte das Repräsentantenhaus noch Gesetze zur Öffnung der Nationalparks und einer Gesundheitsbehörde beschlossen. Der Senat und das Weiße Haus lehnen solche Teillösungen allerdings ab.

Obama warnte indes die Finanzwelt vor negativen Folgen des Budgetstreits. Es handele sich derzeit nicht um das übliche politische Haushaltsgerangel, sagte er in einem Interview des TV-Senders CNBC. „Ich glaube, diesmal ist es anders. Diesmal sollte die Wall Street besorgt sein.“

Obama verwies dabei vor allem auf die notwendige Erhöhung der Schuldengrenze durch den Kongress. Das Kreditlimit liegt derzeit bei 16,7 Billionen Dollar (12,4 Billionen Euro) und ist bereits erreicht. Zum 17. Oktober gehen dem Staat laut Finanzminister Jack Lew die meisten liquiden Mittel aus, so dass er dann ohne die Aufnahme neuer Schulden zahlungsfähig sein wird. „Wenn es eine Situation gibt, in der eine Fraktion bereit ist, den USA den Bankrott zu bringen, dann haben wir ein Problem“, sagte Obama.

Zuvor hatte Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein nach einem Treffen mit Obama und anderen Wirtschaftsführern gesagt, dass die Konsequenzen des Stillstandes der US-Verwaltung und ein möglicher Konflikt über die Anhebung der Schuldengrenze „extrem schädlich“ seien.

Dass es wegen des Angriffs der Republikaner auf seine Gesundheitsreform nun zu einem Verwaltungsnotstand gekommen sei, mache ihn „wütend“, sagte Obama. Er sei generell für Verhandlungen mit den Konservativen offen, aber nicht unter diesen Umständen. Es ist völlig unklar, wie lange die Situation andauern wird. Der letzte „Government Shutdown“ vor 17 Jahren dauerte fast vier Wochen.

Nationale Sicherheit gefährdet

Der US-Geheimdienstdirektor James Clapper sieht die nationale Sicherheit in Gefahr, da 70 Prozent aller Geheimdienstmitarbeiter im Zwangsurlaub seien. „Aus meiner Sicht beschädigt dies ernsthaft unsere Fähigkeit, die Sicherheit dieser Nation und seiner Bürger zu schützen“, sagte Clapper in einer Kongressanhörung. Zumal die seit März geltenden Budgetkürzungen bereits vorher zu Einschränkungen geführt hätten. „Das besorgt mich sehr“, sagte Clapper.

Auch die Industrie spürt die Krise. Der Konzern United Technologies erklärte, schlimmstenfalls mehr als 5000 seiner Mitarbeiter in Zwangsurlaub schicken zu müssen, wenn der „Government Shutdown“ bis zum November anhalte. 2000 Mitarbeiter würden schon ab Montag nach Hause geschickt, 2000 weitere wohl im Laufe der Woche. Unternehmen des Konzerns beliefern auch das US-Militär, etwa mit dem Kampfhubschrauber Black Hawk. Bei der Fertigung müssten staatliche Inspektoren anwesend sein, erläuterte der Konzern. Die fehlten nun aber. Bestimmte Fabriken müssten deshalb angehalten werden.

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7 Kommentare

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  • HL
    Hans Langenlehner

    Die amerikanische Überschuldungskrise ist das Ergebnis einer grundfalschen Politik, wird aber in ihren Konsequenzen völlig überbewertet. Die Gefahren für die Sicherheit sind gering. Nur weil die überflüssigen NSA-Spione jetzt schwarzarbeiten gehen, entsteht noch kein Schaden. Allerdings steht jetzt der BND auf dem Schlauch, weil er nix mehr zugeliefert kriegt. Nur weil ein paar Kampfhubschrauber weniger zum Morden in Arabien gebaut werden, entsteht auch noch kein Schaden. Der Staat bildet im Gegensatz zum produzierenden zivilen Gewerbe einen parasitären Sektor, der steuerlich auf den Ergebnissen der Produktion, des Handels und der Dienstleistungen schwimmt. Wenn das Niveau absinkt, schwimmt der Korken eben etwas niedriger und man wird ein paar Drohnenflotten, Black Hawks und Panzerdivisionen einsparen müssen, so what ? Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. So auch bei Demokraten und Republikanern in USA. Wahrlich kein Grund zur Sorge. Der nächste amerikanische Angriffskrieg trotz Haushaltskrise kommt bestimmt. Dafür hamse immer Kohln. The show must go on.

  • NS
    Norman Spinnrad

    Selbst Leuten wie Lloyd Blankfein, die bisher von jeder Krise profitiert haben, geht nun die Muffe - das ist doch wundervoll, wenn die Aasgeier nun gegenseitig auf sich herumhacken.

  • OA
    Obamacare über alles!

    Obama und die Demokraten sperren Zahlungen an Militärveteranen Zahlungen für die Öffnung der Nationalparks und Denkmäler, sie sperren Open Air Denkmäler, schalten AKTIV alle staatlichen Webseiten ab, erhöhen die Steuern für medizinische Geräte.... Und warum? Um die Leute in eine private Krankenversicherung zu zwingen, die sich viele auch mit staatlichen Subventionen nicht leisten können, im Gegenzug wird das bisherige System von betrieblichen und staatlichen Krankenkassen geschleift. Inzwischen stellen die Obamacare-Kunden fest, daß ObamaCare nicht funktioniert, nur die Demokraten können nicht mehr zurück, denn damit würde dem Letzten auffallen, dass ObamaCare handwerklich miserabel gemacht ist. Selbst der Kongress hat sich von ObamaCare ausnehmen lassen, weil man weiß, dass es nicht funktioniert. In West-Europa hört man davon kein Wort. Klar, da bekam Obama erst mal einen Friedensnobelpreis weil er schwarz ist und zog dann fröhlich in den Krieg. In einer Medienlandschaft in der praktisch nur ein Ton herrscht, die Meinungsvilefalt aus links und anderslinks besteht und in derenRedaktionen eine Partei über eine satte absolute Mehrheit verfügt, die mündige Menschen zwingen will zu essen was die Partei vorschreibt, da wundert einen die Berichterstattung nicht. Nur hat sie mit der Realität der USA nicht viel zu tun.

  • Obama ist völlig reformunwillig und -unfähig und nimmt das Land und die Welt für seine Ideen und das Geschäftsmodell der Versicherungsindustrie in Geiselhaft. Den interessiert nur die Ausgangslage für die nächste Wahl und das sind möglichst hohe Spenden. Er türmt Schulden auf Schulden und gibt Geld mit vollen Händen aus, das er nicht hat. Es ist kein Wunder, dass er ein Messias der Linken ist, denn das ist ja im Kern deren Wirtschaftsprinzip. Ein übersteigerter Lafontainismus, Wirtschaften auf Pump und Gelddrucken. Dass das auf der Ausbeutung und Ausplünderung anderer basiert und hinausläuft, übersieht man geflissentlich. Ebenso dass die USA mittlerweile eine Symbiose mit einem Kleptokraten-Regime in China eingegangen sind. Aber dann kommt wieder der üble Spruch: Wandel durch Annäherung, wetten? Schade, dass ein Land wie die USA, das solche Ressourcen hat, so schlecht regiert wird.

    • B
      blubb
      @Claudia Cometh:

      Was für ein unsinniger kommentar. Obama kann kein Geld für die nächste Wahl sammeln, da er seine zweite Amtszeiz bestreitet. Und der Rest von Ihrem Kommentar sind übliche konservative Verschwörungstheorien und -ängste.

      • I
        irmi
        @blubb:

        Vieles wurde und wird als Verschwörungstheorie abgewertet, weil die Wahrheit so unbequem ist.